Vergütung

Wenn beim Geld was nicht stimmt

23. August 2016

Betriebsratsmitglieder dürfen nicht weniger verdienen als vergleichbare Arbeitnehmer. So sagt es das BetrVG. Freigestellte Betriebsräte tun sich aber mitunter schwer, eine Benachteiligung beim Verdienst nachzuweisen. Ihre Schwierigkeit liegt darin, überhaupt vergleichbare Arbeitnehmer benennen zu können. Ein Gesprächsprotokoll kann helfen.

Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied klagte auf Lohn einer höheren Entgeltgruppe und gewann. Das Mitglied des Betriebsrates war zuerst seit 1998 teilweise und dann ab 2014 als Vorsitzender ganz freigestellt gewesen. Er bewarb sich während der vollen Freistellung als Leiter der Anästhesiepflege und wurde abgelehnt. Die Ablehnung wurde u.a. auch darauf gestützt, dass er die Leitung wegen der Freistellung nicht tatsächlich hätte übernehmen können. Diese Benachteiligung ließ der Betriebsrat nicht auf sich sitzen und klagte erfolgreich.

Unzulässigkeit der Benachteiligung

Grundsätzlich gilt, dass nach § 78 Abs. 2 BetrVG Benachteiligungen der Betriebsräte in der Entlohnung nicht vom Arbeitgeber vorgenommen werden dürfen. Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Entgelt der Betriebsratsmitglieder nicht geringer bemessen werden, als das vergleichbarer Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass nicht nur der aktuelle Stand herangezogen wird und der Lohn im Zeitpunkt der Freistellung eingefroren wird, sondern dass die betriebsübliche Entwicklung berücksichtigt werden muss. Dies ist auch richtig, denn oftmals sind Betriebsräte in der Praxis oft 20 Jahr und mehr freigestellt und sollten nicht 20 Jahre denselben Lohn erhalten.

Beweislastproblematik: Beweislast liegt beim Betriebsratsmitglied

Dreh und Angelpunkt der meisten Lohnansprüche aufgrund Benachteiligung freigestellter Betriebsräte sind das Vorhandensein vergleichbarer Arbeitnehmer und die betriebsübliche Entwicklung. Verfahren hierzu sind sehr aufwendig, weil die Beweislast beim Betriebsratsmitglied liegt.

Umso interessanter ist die vorliegende Entscheidung. Der Aufstieg zur Leitung war nicht betriebsüblich, so dass es auf die »normale« Problematik nicht ankam. Aber: Das Betriebsratsmitglied konnte durch das Protokoll des Bewerbungsgespräches und der Ablehnung des Arbeitgebers beweisen, dass die Höhergruppierung nicht gewährt wurde, weil dieser als Betriebsratsvorsitzender von der Arbeitsleistung freigestellt war.

Bei der Beförderungsentscheidung hätte der Arbeitgeber eine abstrakte Abwägung der Fähigkeiten und der Ausbildung vornehmen müssen. Stattdessen hatten Sie im Absageschreiben zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber es bedauert, dass das Betriebsratsmitglied die Stelle tatsächlich niemals ausfüllen wollte, sondern für ihn selbstverständlich war, dass er an seiner Freistellung festhalte. Hiermit war für die Richter klar, dass Kriterien zugrunde gelegt wurden, die nicht Eignung und Leistung betreffen. Die Benachteiligung war bewiesen.

Fazit: Eigentor des Arbeitgebers

Durch das Protokoll des Bewerbungsschreibens und der schriftlichen Absage wollte der Arbeitgeber möglichst alles »rechtssicher« machen und hat sich damit ein Eigentor geschossen. Gerade das detaillierte Protokoll mit den Fragen und Anmerkungen und das Absageschreiben haben die Richter als Indizien gewertet, die eine Benachteiligung beweisen. Tja, gut gemeint und zum Glück des Betriebsrates nicht gut gemacht.

Praxistipp: Vergleichbare Arbeitnehmer im Blick behalten

Gerade bei lang freigestellten Betriebsräten stellt sich oft die Frage nach der »richtigen« Entlohnung. Arbeitgeber sind hier bekanntermaßen sehr vorsichtig und wollen – so das immer vorgetragene offizielle Argument – den Betriebsrat nicht bevorzugen und daher nicht mehr Lohn bezahlen. Es lohnt sich also die »vergleichbaren Arbeitnehmer« über die Jahre im Blick zu haben und hierzu auch schriftliche Unterlagen anzulegen.

Es gibt auch die Möglichkeit eines Auskunftsanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber. Ferner kann sich der Freigestellte auch jederzeit auf intern ausgeschrieben Fortbildungen und Stellen bewerben um so zu bekunden, dass er am betriebsüblichen Aufstieg teilzunehmen hat.

Lesetipp:

Mehr zu diesem Thema lesen Sie im Beitrag »Kein Karriereknick« von Christiane Jansen in der AiB 10/2014, S. 52-55 .

LAG Köln, 25.04.2016 – 2 Sa 561/15Bettina Krämer, DGB Rechtsschutz GmbH
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