Einstellung - Der DGB Rechtsschutz kommentiert

Mitbestimmung gilt auch für Freiwillige

15. Juni 2016

Bundesfreiwilligendienstleistende (Bufdi) dürfen im Betrieb nur zu Hilfstätigkeiten herangezogen werden und keine regulären Arbeitnehmer ersetzen. Verstößt der Arbeitgeber dagegen, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu ihrer Einstellung verweigern.

Im vorliegenden Fall wollte der Arbeitgeber - ein Rettungsdienstbetreiber - die verweigerte Zustimmung seines Betriebsrats zur Einstellung eines Bufdis durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen. Der Freiwillige sollte zunächst eine Ausbildung zum Rettungssanitäter durchlaufen. Anschließend war seine Tätigkeit als Teil der regulären Besatzung eines Rettungswagens vorgesehen.

Tradition und Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes

Der Arbeitgeber vertrat im Verfahren die Auffassung, dass der Einsatz von Ehrenamtlichen Teil seines historischen gewachsenen Selbstverständnisses sei. Die Beschäftigung der Freiwilligen führe zu keiner weitergehenden Belastung der hauptamtlichen Kräfte. Hierdurch würden diese vielmehr entlastet.

Das zuständige Bundesamt habe zudem den Einsatz vorab genehmigt, daher bestehe keine Raum für eine weitere Prüfung durch den Betriebsrat. Schließlich sei jedenfalls der vorläufige Einsatz des Bufdis dringend erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes aufrecht zu erhalten.

Einstellung kann nicht dringend sein

Der Betriebsrat begründete seine Verweigerung damit, dass Freiwillige nicht arbeitsmarktneutral beschäftigt würden, wenn der Rettungsdienst ohne diese Bufdis nicht funktionieren würde. Außerdem würden die Freiwilligen nicht bloß Hilfstätigkeiten ausüben. Die Einhaltung der Arbeitsmarktneutralität würde vom Bundesamt nicht kontrolliert. Der BR müsse insoweit über die Einhaltung wachen.

Verstoß gegen Bundesfreiwilligendienstgesetz

Das Arbeitsgericht ersetzte die Zustimmung des Betriebsrats nicht. Zunächst stellte das Gericht klar, dass auch die Einstellung von Freiwilligen unter § 99 Abs. 1 BetrVG falle. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) vor. Bufdis würden bei dem Arbeitgeber wie hauptamtliche Rettungsassistenten beschäftigt.

Das einschlägige Rettungsdienstgesetz sehe eine Besetzung von Rettungswagen mit wenigstens zwei geeigneten Rettungskräften vor. Bei dem Arbeitgeber würden diese gesetzlichen Vorgaben nur mithilfe des Einsatzes von Bufdis eingehalten. Die Bufdis seien daher keine zusätzlichen Hilfskräfte und würden daher nicht arbeitsmarktneutral beschäftigt.
Der Betriebsrat könne zudem über die Einhaltung des BDFG wachen. Die Genehmigung des Bundesamtes zur Beschäftigung der Bufdis erfolge lediglich unter der Bedingung, der Arbeitsmarktneutralität.

Praxistipp: Was bedeutet »arbeitsmarktneutral«?

Freiwillige sind günstig und nach einem Jahr ohne Kündigung wieder weg. Insbesondere im sozialen Sektor sind die Freiwilligen also interessant für Arbeitgeber. Hier sollten Betriebsräte aufpassen.

Arbeitsmarktneutralität im Sinne von § 3 Abs. 1 BFDG bedeutet, dass durch die Beschäftigung eines Bufdi Arbeitsplätze nicht wegfallen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze darf nicht verhindert werden darf. Be- oder Entlastung der Hauptamtlichen ist kein Kriterium. Entscheidend ist zum einen, dass die freiwilligen Kräfte nur Hilfstätigkeiten und allenfalls Teile einer hauptamtlichen Tätigkeit (etwa in der Pflege) ausüben.

Zum anderen darf nicht allein der Einsatz der Bufdis dazu führen, dass Besetzungsvorschriften oder Dienstpläne eingehalten werden. Ein Verstoß gegen § 3 BFDG rechtfertigt, dass der Betriebsrat die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert. § 118 BetrVG dürfte beim Einsatz von Bufdis keine Rolle spielen.

ArbG Ulm, 07.03.2016 – 4 BV 10/15Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH
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