Betriebsratsarbeit

Einsicht in Bruttoentgeltlisten

02. Oktober 2019
Löhne Gehälter Lohn Gehalt Entgelt Arbeitsentgelt Sozialversicherung Ordner
Quelle: magele_Dollarphotoclub

Der Betriebsrat hat zur Erfüllung seiner Aufgaben ein Recht auf Einsicht in die Liste der Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten. Das Einsichtsrecht umfasst auch die Namen der Mitarbeiter. Daran ändert auch das neue Datenschutzrecht nichts. Von Matthias Beckmann.

In diesem Verfahren verlangte der vom Betriebsrat gebildete Betriebsausschuss, dass der Arbeitgeber ihm Einsicht in die Bruttoentgeltlisten gewährt.

Diese Listen wurden vom Arbeitgeber elektronisch geführt. Die Listen enthielten die Namen der Arbeitnehmer, deren Dienstart und Unterdienstart, Angaben zum Grundgehalt, zu verschiedenen Zulagen sowie zu beständigen und unbeständigen Bezügen.

Arbeitgeber legt nur anonymisierte Listen vor

Der Arbeitgeber gewährte Einsicht in eine anonymisierte Fassung der Listen. Der Betriebsrat verlangte indes, dass der Betriebsausschuss Einblick in die Bruttoentgeltlisten mit den Klarnamen der Arbeitnehmer erhält.

Nur so könne der Betriebsrat nach der vorangegangenen Kündigung des einschlägigen Tarifvertrags erkennen, wem der Arbeitgeber Sonderzahlungen oder Lohnerhöhungen gewähre. Ungleichbehandlungen von Arbeitnehmern könne er nur dann verhindern, wenn er Einblick in die nicht anonymisierten Bruttoentgeltlisten hätte.

Der Arbeitgeber war dagegen der Auffassung, dass er mit Gewährung der Einsichtnahme in die anonymisierten Bruttoentgeltlisten seiner Verpflichtung nachgekommen sei. Eine Liste mit Klarnamen könne der Betriebsrat aus Gründen des Datenschutzes sowie des Persönlichkeitsschutzes der Arbeitnehmer nicht verlangen.

Einsichtsrecht nach dem BetrVG

Mit der jetzt ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) unterlag der Arbeitgeber auch in dritter Instanz mit dieser Rechtsmeinung.

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG).

Der Darlegung eines besonderen Anlasses für die Ausübung dieses Einsichtsrechts bedarf es nicht. Der Betriebsrat benötigt die Kenntnis der effektiv gezahlten Vergütungen, um sich ein Urteil darüber bilden zu können, ob die Gehälter die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit wahren oder ob diese nur durch eine andere betriebliche Lohngestaltung erreicht werden kann.

Ein Einsichtsrecht besteht deshalb auch dann, wenn der Betriebsrat gerade feststellen will, welche Arbeitnehmer Sonderzahlungen erhalten und wie hoch diese sind.

Bezug zum Mitbestimmungsrecht

Der Betriebsrat kann allerdings nur Einsicht in Unterlagen verlangen, die der Arbeitgeber zumindest in Form einer elektronischen Datei tatsächlich besitzt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, nicht vorhandene Unterlagen erst zu erstellen. Da der Arbeitgeber hier unstreitig nicht anonymisierte elektronische Lohnlisten führte, konnte der Betriebsrat die Einsicht darin verlangen.

Das Ziel des Betriebsrats zu prüfen, ob nach Ablauf des Tarifvertrags nur bestimmten Arbeitnehmern Entgelterhöhungen oder Sonderzahlungen gewährt werden, ob und nach welchen Grundsätzen die Arbeitgeberin hierbei verfährt und ob ggf. Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Maßregelungsverbot vorliegen, war für das BAG hinreichender Bezug zu den Mitbestimmungsrechten.

Kein Verstoß gegen Datenschutz

An dem Einsichtsrecht ändert sich auch nichts durch die im Jahr 2018 neu in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung. Zwar ist die Einsicht in die Liste mit Klarnamen eine Verarbeitung personenbezogener Daten, diese ist aber zulässig.

Entsprechendes ist in § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG ausdrücklich geregelt. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses u.a. dann verarbeitet werden, wenn dies zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.

Steht dem Betriebsrat ein Anspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG zu, ist die von § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG verlangte Erforderlichkeit einer damit verbundenen Datenverarbeitung gegeben.

Bedenken, wonach das Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG gegen europäisches Recht oder Verfassungsrecht verstoßen könnte, wies das BAG zurück.

Weiterhin kein Anspruch auf Kopien oder Ausdrucke

Das BAG legt § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG im Übrigen eng im Wortlaut dahingehend aus, dass der Betriebsrat nur ein Einsichtsrecht hat. Fotokopien oder Ausdrucke muss ihm der Arbeitgeber keine zur Verfügung stellen, der Betriebsrat darf auch keine Abschriften anfertigen. Lediglich Notizen darf er sich machen.

Eine freiwillige Herausgabe des Arbeitgebers begegnet keinen Bedenken. Der Betriebsrat hätte die Unterlagen dann in gleicher Weise wie die angefertigten Notizen unter Wahrung des Datenschutzes aufzubewahren und nach Erledigung des Anliegens sicher zu vernichten.

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (07.05.2019)
Aktenzeichen 1 ABR 53/17
Sie erhalten diese Entscheidungsbesprechung als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 2.10.2019.
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