EuGH hält Kopftuchverbot für rechtens - mit Einschränkungen

Immer wieder gibt es Streit um das Kopftuchtragen im Job oder im öffentlichen Dienst. Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht bei muslimischen Lehrerinnen zu Gunsten der Religionsfreiheit entschieden. Der EuGH geht einen anderen Weg. Dem Gerichtshof lagen zwei Vorlageverfahren aus Deutschland zur Entscheidung vor. Der zuständige Generalanwalt beim EuGH hatte sich -mit Einschränkungen- für ein Verbotsrecht der Arbeitgeber ausgesprochen (»Kopftuchverbot nur unter engen Voraussetzungen«, 4.3.2021).
Das war der Fall
Im einen Verfahren geht es um die muslimische Mitarbeiterin einer Kindertagesstätte in Hamburg, die mehrmals wegen ihre Kopftuchs abgemahnt worden war. Im zweiten Verfahren war eine Muslimin vor Gericht gezogen, die als Verkäuferin in der Drogeriemarktkette Müller arbeitet und das Kopftuchverbot ihres Arbeitgebers zu Fall bringen wollte.
Das sagt das Gericht
Der Arbeitgeber soll laut EuGH religiöse Symbole verbieten dürfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es muss einen Grund für die Neutralitätsvorgabe geben – also beispielsweise berechtigte Erwartungen von Kunden etwa oder der Wunsch von Eltern, ihre Kinder von „neutralen“ Personen beaufsichtigen zu lassen. Ein mögliches Ziel könne es auch sein, „soziale Konflikte“ zu vermeiden.
- Das Verbot muss dann aber für jegliche Religionsausübung gelten, also auch das Tragen christlicher und jüdischer Symbole einschließen.
- Betriebe dürfen ein Verbot nicht auf »auffällige, großflächige Zeichen« religiöser Überzeugungen beschränken. Denn das betrifft letztlich vor allem das Kopftuch.
Das ist zu beachten
Die Abwägung sagt durchaus einiges darüber, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Gewichte im Arbeitsleben verteilt sehen will. Religionsfreiheit jedenfalls scheint beim EuGH keine große Rolle zu spielen. Unternehmen dürfen auf Neutralität ihrer Beschäftigten pochen, wenn wirtschaftliche oder sonstige Gründe vorliegen und konsequent gesichert ist, dass das dann für alle religiösen Symbole gilt. Immerhin ist erfreulich, dass jegliche pauschale Verbote einzelner Symbole (Kopftuch) nicht möglich sind.
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Quelle
Aktenzeichen C-804/18 und C-341/19
EuGH, Pressemitteilung vom 15.07.2021