Gesundheitsschutz

Kein Krawattenzwang bei großer Hitze

Krawatte
Quelle: pixabay

Das Aufheben des Krawattenzwangs bei großer Hitze darf der lokale Betriebsrat gestatten, auch wenn der Gesamtbetriebsrat die Kleiderordnung erlassen hat. Denn beim Gesundheitsschutz erfolgt die Mitbestimmung vor allem durch den örtlichen Betriebsrat – das hat das BAG soeben klargestellt.

Immer wieder geht es um die Frage, ob der örtliche oder der Gesamtbetriebsrat zuständig ist. Das ist vor allem dann schwierig zu beantworten, wenn bestimme Themenkomplexe unterschiedliche Mitbestimmungstatbestände betreffen.

Hier ging es um eine Kleiderordnung mit Krawattenzwang, die der Gesamtbetriebsrat mit dem Arbeitgeber vereinbart hat. Die Einigungsstelle eines örtlichen Betriebs beschloss jedoch eine Betriebsvereinbarung, die den Verzicht auf Krawattentragen ab einer bestimmten Temperatur gestattet. Doch was ist nun gültig?

Hintergrund

Fakt ist, dass Maßnahmen zum Gesundheitsschutz mitbestimmungspflichtig sind (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG), sofern sie der Ausgestaltung von Rahmenvorschriften dienen, die dem Arbeitgeber einen bestimmten Handlungsspielraum belassen. Daher sind auch Betriebsvereinbarungen in diesem Bereich rechtens. Fragt sich eben nur, wer für die Mitbestimmung zuständig ist.

Regelmäßige Zuständigkeit der Einzelbetriebsräte im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG

In Unternehmen mit mehreren Betrieben sind im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG regelmäßig die Einzelbetriebsräte für die Regelung der davon erfassten Angelegenheiten zuständig – so das BAG. Der Gesamtbetriebsrat ist nur zuständig, wenn die Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eine überbetriebliche Angelegenheit betreffen und diese durch die einzelnen Betriebsräte nicht geregelt werden können (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Hierfür sei – so die Richter – bei den streitgegenständlichen Regelungen zum Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit dem Raumklima nichts ersichtlich, da eine solche mitbestimmte Angelegenheit sich typischerweise konkret auf die Gegebenheiten in den einzelnen Arbeitsräumen auf betrieblicher Ebene beziehe.

Nichts Gegenteiliges folgt nach Ansicht des BAG aus der Kompetenz des Gesamtbetriebsrats für Regelungen zu einer einheitlichen Unternehmensbekleidung. Bei den Regelungen zum Gesundheitsschutz in der Betriebsvereinbarung und dem Regelungsbereich einer einheitlichen Unternehmensbekleidung handelt es sich nämlich nicht um dieselbe »Angelegenheit« im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Regelungen zum Gesundheitsschutz unterfallen dem § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, wohingegen Regelungen zur einheitlichen Unternehmensbekleidung die betriebliche Ordnung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betreffen.

Autor:

Stelios Tonikidis, Rechtsreferendar

Quelle

BAG (18.07.2017)
Aktenzeichen 1 ABR 59/15

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