Für den Aufsichtsrat zählen nur Inland-Beschäftigte

Der Rechtsstreit betraf den Aufsichtsrat einer im Rhein-Main-Gebiet ansässigen Aktiengesellschaft. Das Unternehmen ist in der Arzneimittelproduktion tätig. Im Aufsichtsrat sitzen derzeit zu einem Drittel Arbeitnehmervertreter auf Basis des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG).
Besetzung nach Zahl der Mitarbeiter
Maßgeblich für den Anteil der im Aufsichtsrat vertretenen Arbeitnehmer ist die Anzahl der Beschäftigten:
- Übersteigt diese den Schwellenwert von 2000, ist das »Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer« (MitbestimmungsG) anwendbar, so dass der Aufsichtsrat paritätisch, also zur Hälfte, mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen ist Diese gehören zum Teil zur Belegschaft des Unternehmens, zum Teil werden sie von den Gewerkschaften entsandt (§§ 1, 7 MitbestimmungsG).
- Liegt sie darunter, beläuft sich der Anteil der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach den Vorgaben des DrittelbG auf ein Drittel (§ 4 DrittelbG).
Aktionär will paritätischen Aufsichtsrat
Ein Aktionär des Unternehmens ist der Ansicht, im Aufsichtsrat müßten die Arbeitnehmer neben den Anteilseignern paritätisch vertreten sein. Er leitete bei Gericht ein so genanntes Statusverfahren nach dem Gesetz über Aktiengesellschaften (AktG) ein. In diesem Verfahren entscheidet das zuständige Gericht über die Besetzung des Aufsichtsrats (§ 98 AktG).
Der Aktionär machte geltend, die Zahl der Arbeitnehmer der AG überschreite die Schwelle von 2000, wenn man auch die Beschäftigten mit berücksichtigt, die in dem ausländischen Tochtergesellschaften des Unternehmens arbeiten. Dass diese nicht mitgezählt würden, sei ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat seinen Antrag zurückgewiesen (LG Frankfurt am Main 21.12.2017- 3-05 O 85/17).
Nur Beschäftigte im Inland zählen mit
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main schließt sich dem an und weist die Beschwerde des Aktionärs zurück. Der Aufsichtsrat sei zutreffend nach den Grundsätzen des DrittelbG gebildet worden, betont das OLG. Für die Berechnung der maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer komme es allein auf die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer an.
Der Wortlaut des MitbestimmungsG spreche zwar allein von Arbeitnehmern, ohne zwischen inländischen und ausländischen Betrieben zu unterscheiden. Das Gesetz nehme aber auf § 5 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) Bezug. Dort »gelte jedoch seit jeher das Territorialprinzip«, also das BetrVG sei nur auf Betriebe im Inland anwendbar, so die Richter. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Die vom Antragsteller angeführte Gefahr, dass dadurch ein Anreiz zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland geschaffen würde, stehe dieser Auslegung nicht entgegen.
Kein Verstoß gegen Europarecht
Die Nichtberücksichtigung von Arbeitnehmern in ausländischen Betrieben bei der Zählweise verstoße auch nicht gegen Europarecht. Eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit scheide aus. Die Zählweise wirke sich allgemein auf die Mitbestimmungsintensität der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat aus und treffe damit inländische und ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen.
Gleichheitssatz nicht verletzt
Der deutsche Gleichheitssatz (Art. 3 GG) werde ebenfalls nicht berührt. Aktives und passives Wahlrecht zum Aufsichtsrat stünden - aus Gründen des Territorialprinzips - allein im Inland beschäftigten Arbeitnehmern zu. Folglich sei es auch sachgerecht, den Umfang der Mitbestimmung an der Anzahl dieser Wahlberechtigten auszurichten.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
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Quelle
Aktenzeichen 21 W 32/18
OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 29.5.2018