Freizeit ohne Wenn und Aber

Der Kläger ist ein Betriebsratsmitglied und im Betrieb der Arbeitgeberin im Dreischichtensystem tätig. Außerhalb seiner Arbeitszeit erbrachte er an acht Tagen insgesamt 64 Stunden Betriebsratstätigkeit, die auch erforderlich war. Nach der im Betrieb geltenden Rahmenbetriebsvereinbarung kann die Arbeitsbefreiung durch eine positive Zeitgutschrift auf dem individuellen Arbeitszeitkonto erfolgen.
Zur Erfüllung des Arbeitsbefreiungsanspruchs stellte die Arbeitgeberin den Kläger an vier Tagen für die Schichten frei, die der Betriebsratstätigkeit zeitlich folgten. Sie hielt dabei die elfstündigen Ruhepausen nicht ein. An drei weiteren Tagen vergütete die Arbeitgeberin die Betriebsratstätigkeit. Der Kläger sah seinen Arbeitsfreistellungsanspruch durch eine solche Verrechnung nicht als erfüllt an und klagte erfolgreich auf Gewährung einer entsprechenden Arbeitszeitkontogutschrift.
Arbeitsbefreiung durch eine Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto
Der Arbeitsbefreiungsanspruch eines Betriebsratsmitgliedes außerhalb seiner Arbeitszeit richtet sich nach § 37 Abs. 3 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auf die Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Sieht wie in diesem Fall eine Betriebsvereinbarung vor, dass die Arbeitsbefreiung durch eine Zeitgutschrift auf dem individuellen Arbeitszeitkonto erfolgen kann, so ist die Anspruchserfüllung auf diese Art und Weise möglich.
Arbeitsbefreiungsanspruch nach § 37 Abs. 2 BetrVG
§ 37 Abs. 2 BetrVG legt fest, dass Betriebsratsmitglieder während ihrer Arbeitszeit von der Arbeitspflicht bezahlt freizustellen sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte in seiner Entscheidung vom 18.1.2017 - 7 AZR 224/15 - bereits fest, dass diese Regelung auch dann gilt, wenn die Betriebsratstätigkeit zwar außerhalb der Arbeitszeit liegt, die Arbeitserbringung dem Betriebsratsmitglied aber unmöglich oder unzumutbar ist. Ein solcher Fall der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit kann eintreten, wenn die Regelung des § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) es verlangt.
Elfstündige Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG
Nach § 5 Abs. 1 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren.
Die Arbeitgeberin konnte deshalb den Arbeitsbefreiungsanspruch des Betriebsratsmitgliedes durch die Verrechnung mit vier Schichten, die zeitlich der Betriebsratstätigkeit folgten aber keine elf Stunden Pause einhielten, nicht erfüllen.
Arbeitsbefreiungsanspruch nach § 37 Abs. 3 S. 1 BetrVG
Das Gericht stellte auch klar, dass der Arbeitsbefreiungsanspruch für die erforderliche Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit aus § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG folgt. Hiernach soll die Erledigung von Betriebsratsaufgaben in der Freizeit vorrangig durch bezahlte Arbeitsbefreiung – also Freizeit - und nicht durch Bezahlung erfüllt werden.
Die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhenden Freistellungsansprüche können nicht miteinander verrechnet oder angerechnet werden. Das hatte die Arbeitgeberin hier aber versucht.
Praxishinweis:
Bei den Ansprüchen der Betriebsratsmitgliedern nach § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG spielt das Begünstigungsverbot nach § 78 Satz 2 BetrVG eine Rolle. Danach dürfen die Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit persönlich weder begünstigt noch benachteiligt werden. In dieser Entscheidung prüfte das Gericht, ob wegen der auszugleichenden Freizeit ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot vorlag.
Eine verbotene Begünstigung setzt eine Besserstellung des Betriebsratsmitgliedes gegenüber einem Arbeitnehmer voraus. § 37 Abs. 3 BetrVG soll Betriebsratsarbeit während der Freizeit ausgleichen. Das heißt, der Arbeitgeber muss den Betriebsrat solange bezahlt von der Arbeit freistellen, wie dieser für das Erledigen der Betriebsratsaufgaben in der Freizeit gebraucht hat. Eine Besserstellung war deshalb nicht ersichtlich.
Yuliya Zemlyankina, DGB Rechtsschutz GmbH
Linktipp:
Betriebsratsarbeit – 7 Fragen zur Freistellung
Quelle
Aktenzeichen 7 Sa 999/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat 2/2018 vom 31.1.2018.