Befristung

Für Befristung ist Wille der Vertragsparteien entscheidend

15. September 2021
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Quelle: © bluedesign / Foto Dollar Club

Die Anreise zu einem Lehrgang begründet kein Arbeitsverhältnis, wenn dies nicht ausdrücklich von den Parteien gewünscht ist. Das hat das BAG im Rahmen der Frage klargestellt, wann der Befristungszeitraum eines Arbeitsvertrags endete.

Das war der Fall

In dem Rechtsstreit ging es um die Frage einer befristeten Beschäftigung. Der Kläger hatte sich beim Bundesamt für Migration als Anhörer in der Vorbereitung von Asylentscheidungen am Standort Düsseldorf beworben und die Stelle zugesagt bekommen. Zuvor musste er jedoch einen dreiwöchigen Lehrgang absolvieren, zudem er bereits sonntags anreiste und wofür die Arbeitgeberin Hotel- und Reisekosten übernahm. Mit Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 vereinbarten die Parteien eine Änderung der im Arbeitsvertrag vom 24.08.2016/29.08.2016 genannten Befristungsdauer bis zum 04.09.2018. Im Zeitraum vom 20.02.2017 bis zum 24.02.2017 nahm der Kläger in Düsseldorf an einer Aufschulung zum Entscheider teil

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Befristung im Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 am 4. September 2018. Die Befristung ist wirksam. Sie ist entgegen der Auffassung des LAG Düsseldorf nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund gerechtfertigt. Einer Zustimmung des Personalrats zu der Befristung bedurfte es nicht.

Die zulässige Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren wurde eingehalten, da das Arbeitsverhältnis vom 5. September 2016 bis zum 4. September 2018 und damit zwei Jahre dauerte. Die Annahme des LAG, dass das Arbeitsverhältnis bereits einen Tag früher begonnen hätte – nämlich mit der Anreise zur Schulung – hält der Überprüfung durch das BAG nicht stand. Im August 2016 hatten die Parteien als Beginn des Arbeitsverhältnisses den 5. September 2016 festgelegt. Das ist entgegen der Auffassung des LAG keine »falsa demonstratio«. Nach dem Rechtsgrundsatz »falsa demonstratio non nocet« gilt das von den Parteien übereinstimmend Gewollte, auch wenn sie dafür eine falsche Bezeichnung verwenden, was hier jedoch nicht der Fall ist.

Arbeitsvertrag durch Billigung der Anreise?

Das LAG habe verkannt, dass sowohl die Leistungserbringung des späteren Beschäftigten als auch die Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten durch die spätere Arbeitgeberin nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen. Die Möglichkeit im Reisekostenrecht, eine Anreise (zum Beispiel zu einer Schulung) bei entsprechender Kostenerstattung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses durchzuführen, lässt laut BAG nicht darauf schließen, dass damit bereits am Anreisetag ein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte.

Der Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 ist als Verlängerung des Ausgangsvertrags vom 24./29. August 2016 iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu werten und begründet kein neues Arbeitsverhältnis. Der Änderungsvertrag enthält als einzige Regelung das neue Beendigungsdatum. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Vertragsinhalt im Übrigen unangetastet geblieben.

 

Befristung ohne Zustimmung des Personalrats wirksam

Der Personalrat hat nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz kein Mitbestimmungsrecht bei der Befristung von Arbeitsverträgen. Die fehlende Zustimmung des Personalrats zu der Einstellung, zu der auch die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags gehört, führt nicht zur Unwirksamkeit der Befristung oder des abgeschlossenen Arbeitsvertrags. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten hat nur dann die Unwirksamkeit der Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer zur Folge, wenn diese den Arbeitnehmer belastet, was beim Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht der Fall ist. Deshalb ist bei fehlender Zustimmung der Personalvertretung zur Einstellung zwar die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb, also die Beschäftigung an sich, unzulässig. Der Arbeitsvertrag bleibt jedoch wirksam.

Das muss der Personalrat wissen

Neben der Klarstellung zu den Mitbestimmungsrechten bei Befristungen ist insbesondere der »Grundkurs Vertragsrecht« wissenswert, den das BAG abliefert: Der Arbeitsvertrag kommt wie jeder andere Vertrag durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Bedarf es der Auslegung aufgrund von Unklarheiten, ist der tatsächliche Wille der Vertragsparteien zu ermitteln – daher empfiehlt es sich, im Vorfeld alle Unklarheiten zu vermeiden oder zu beseitigen. Hier hätte ausdrücklich darauf hingewiesen werden können, dass eine verfrühte Anreise keinen früheren Vertragsbeginn nach sich zieht.

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

BAG (28.04.2021)
Aktenzeichen 7 AZR 212/20
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