Teilzeit

Kein Anspruch auf »Teilzeit Null« im August

04. Dezember 2019
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Quelle: © kosmos111 / Foto Dollar Club

Der Teilzeitantrag eines Arbeitnehmers für eine dauerhafte Freistellung im Ferienmonat August kann rechtsmissbräuchlich sein. Das gilt etwa dann, wenn dadurch die Urlaubswünsche der anderen Beschäftigten deutlich eingeschränkt würden. Von Matthias Beckmann.

Darum geht es:

In diesem Verfahren stritten Arbeitgeber und Arbeitnehmer um eine dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit, die ausschließlich im August eines jeden Kalenderjahres liegen sollte. Der Arbeitnehmer ist als Diplom-Ingenieur und Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr beschäftigt und hat ein schulpflichtiges Kind.

Der Sitz des Arbeitgebers ist in Bayern, wo die Schulferien im Sommer üblicherweise im August liegen. Der Ingenieur beantragte bei seinem Arbeitgeber eine Reduzierung seiner Arbeitszeit um 1/12. Seine Arbeitszeit wollte er laut dem Antrag so gestalten, dass er in der Zeit von September bis einschließlich Juli mit unverminderten Stundenzahl weiterarbeitet, und dafür den folgenden August vollständig arbeitsfrei zu haben.

Als der Arbeitgeber diesen Antrag zurückwies, erhob der Arbeitnehmer eine Klage auf Zustimmung zu seinem Teilzeitantrag. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

Das sagt das Gericht:

Auch beim Landesarbeitsgericht (LAG) blieb der Arbeitnehmer erfolglos. Der Arbeitgeber durfte den Teilzeitantrag zurückweisen, weil dieser seinem Organisationskonzept widerspricht und –mit Rücksicht auf die anderen Beschäftigten- rechtsmissbräuchlich ist.

Anspruch auf Teilzeit

Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer nach sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses eine Reduzierung seiner Arbeitszeit verlangen (§ 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG). Dabei kann und sollte der Arbeitnehmer auch die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt nach dem Gesetz insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.

Prüfung des Teilzeitantrags in drei Stufen

Nach der Rechtsprechung erfolgt die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen:

  • Zunächst muss der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegen (erste Stufe).
  • Das Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers muss diesem Organisationskonzept tatsächlich entgegenstehen (zweite Stufe).
  • Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe).

Betriebliche Gründe bestätigt

Im diesem Verfahren hatte der Arbeitgeber dem Gericht sein Organisationskonzept hinsichtlich der Urlaubsplanung für den August jedes Jahres im Einzelnen dargelegt. Zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes hatte er festgelegt, dass Arbeitnehmer im August maximal zehn Urlaubstage nehmen können, in einzelnen Ausnahmefällen 15 Urlaubstage. Demnach lag ein Organisationskonzept vor (erste Stufe), dass dem Verlangen des Arbeitnehmers auf die Verteilung seiner Teilzeitstunden tatsächlich entgegenstand (zweite Stufe).

Gerade um die widerstreitenden Interessen der unterschiedlichen Arbeitnehmer in Einklang zu bringen, habe der Arbeitgeber sein Organisationskonzept hinsichtlich der Einbringung von Urlaub im August ausgestaltet und verfahre danach - so das LAG. Der Teilzeitwunsch des Klägers würde dieses Konzept gerade unterlaufen und die Chancen anderer Arbeitnehmer, im August Urlaub gewährt zu bekommen, ohne zwingenden Grund verringern. Die betrieblichen Gründe wogen damit schwerer als das Interesse des Arbeitnehmers an der Verteilung seiner Arbeitszeit (dritte Stufe).

Unzulässige Rechtsausübung

Das LAG entschied zudem, dass der Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers eine unzulässige Rechtsausübung darstellt (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Der Arbeitnehmer wollte nicht nur das Organisationskonzept des Arbeitgebers unterlaufen, sondern ersichtlich erreichen, dass Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer zur selben Zeit, gegebenenfalls auch aus denselben Gründen wie beim Kläger, dauerhaft nicht berücksichtigt werden. Dies sei nicht Zweck eines Teilzeitbegehrens, betont das LAG.

Hinweis für die Praxis

Der Wunsch des Arbeitnehmers, sich nach den Schulferien seines Kindes zu richten,  ist nachvollziehbar, und immerhin war ja auch bereit, dafür 1/12 seines Jahresverdienstes zu opfern. Dennoch ist es wohl richtig, dass die Arbeitsgerichte den Anspruch auf die Arbeitszeitverteilung abgelehnt haben. Dabei überzeugt insbesondere, dass andere Arbeitnehmer mit gleichen Urlaubswünschen dadurch benachteiligt würden.

Es ist wichtig, dass das Organisationskonzept des Arbeitgebers eine faire Urlaubsgewährung für alle Beschäftigten ermöglicht und insbesondere auch die Ferienzeiten bei Beschäftigten mit schulpflichtigen Kindern berücksichtigt werden.

Die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und eines Urlaubsplans sind im Übrigen mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.) Der Betriebsrat sollte auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung hinarbeiten, in der auch geregelt werden könnte, das Urlaubswünsche Beschäftigter schulpflichtiger Kinder während der Ferienzeit vorrangig zu berücksichtigen sind.

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Nürnberg (27.08.2019)
Aktenzeichen 6 Sa 110/19
Sie erhalten diese Entscheidungsbesprechung als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 4.12.2019.
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