Kein Arbeitsunfall bei gemischter Tätigkeit

Darum geht es
Die 1960 geborene Klägerin lebt mit ihrem Ehemann im Landkreis Gießen.
Neben der Ehewohnung befinden sich in ihrem Haus weitere Zimmer, die gewerblich als so genannte »Monteurzimmer« vermietet werden. Die Klägerin hat mit ihrem Ehemann einen Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser sieht als Arbeitsaufgabe vor, dass die Arbeitnehmerin die vermieteten Räumlichkeiten reinigt und auch die Betten herrichtet.
Am 9. November 2015 sammelte die Arbeitnehmerin auf dem Grundstück des Hauses Laub auf, vorwiegend im Eingangsbereich. Hierbei rutschte sie aus und zog sich eine Sprunggelenkfraktur zu. Die Berufsgenossenschaft lehnte Entschädigungsleistungen mit der Begründung ab, es liege kein Arbeitsunfall vor.
Darum geht es
Die Klage der Arbeitnehmerin gegen diese Entscheidung hatte keinen Erfolg. Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass der Unfall rechtlich nicht als versicherter Arbeitsunfall einzustufen sei (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Die Klägerin sei zwar als Angestellte ihres Ehemannes zur Zeit des Unfalls grundsätzlich Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Dafür sprechen der Arbeitsvertrag sowie die vorgelegten Sozialversicherungsnachweise und Steuerbescheide.
Blätter kehren ist »gemischte Tätigkeit«
Die Klägerin habe zur Zeit des Unfalls keine betriebsbezogene Tätigkeit verrichtet. Eine solche wäre für den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlich. Die Laubbeseitigung auf dem Grundstück der Eheleute im November 2015 war nach Ansicht des Gerichts keine versicherte Tätigkeit.
Die Arbeitnehmerin habe keine arbeitsvertragliche Pflicht erfüllt, als sie das Laub auf dem Grundstück beseitigte. Der Arbeitsvertrag umfasse nur einen kleinen Teil der Tätigkeiten, die bei einer gewerblichen Vermietung von Wohnräumen anfielen. Die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag selbst ähnele der einer Reinigungskraft im Hotel. Hierzu gehöre keine Tätigkeit im Außenbereich.
Der Außenbereich des Hauses diene nicht nur dem Zugang zu den vermieteten Räumen sondern auch zu den Wohnräumen der Klägerin. Das Laubkehren sei deshalb eine »gemischte Tätigkeit« im Sinne des Unfallversicherungsrechts, weil es auch einem privaten, nicht unfallversicherten Zweck diente. Für solche Tätigkeiten gilt der gesetzliche Versicherungsschutz nicht.
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Quelle
Aktenzeichen S 1 U 45/16
SG Gießen, Pressemitteilung vom 17.12.2018