Arbeitsschutz

Kein Beschäftigungsverbot für Pflege-Azubi ohne Corona-Impfung

20. Juni 2022
Corona Covid Impfung Maske
Quelle: Pixabay.com | Bild von Jeyaratnam Caniceus

Ein Auszubildender in einem Krankenhaus hat nach einer unwirksamen Kündigung Anspruch auf Lohn aus Annahmeverzug. Trotz Impfpflicht muss er dafür keinen Nachweis über seinen Impfstatus vorlegen. Für Auszubildende, die vor dem 15.03.2022 eingestellt wurden, bestehe kein Beschäftigungsverbot - so das Arbeitsgericht Bonn.

Darum geht es

Der Kläger absolviert seit Oktober 2019 bei der Beklagten, einem regionalen Krankenhaus, eine Ausbildúng zum Gesundheits- und Krankenpfleger.

Zum 1.12.2021 erhielt er eine fristlose Kündigung. Unter anderem hatte er im Testzentrum des Krankenhauses seine Maske unter die Nase gezogen und auf eine Anweisung des Geschäftsführers, seine Maske ordnungsgemäß zu tragen, nicht sogleich reagiert.

Der Auszubildende erhob Kündigungsschutzklage und begehrte Annahmeverzugslohn für den Zeitraum von Dezember 2021 bis April 2022. Er ist nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft oder davon genesen.

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsgericht Bonn entschied, dass die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses mangels vorheriger Abmahnung unwirksam ist. Weiterhin sprach das Gericht ihm einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu. Dieser Anspruch stehe dem Auszubildenden zu, obwohl er keinen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt habe, so das Gericht.

Der Anspruch auf die Ausbildungsvergütung stehe dem Auszubildenden nach dem Ausspruch einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung wegen Annahmeverzugs zu (nach §§ 17 Abs. 1, 10 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) i.V.m. § 615 Satz 1 §§ 293 ff Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).

In der zum 15.03.2022 in Kraft getretenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht sieht das ArbG Bonn kein Hindernis. Die Impfpflicht nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht u.a. für Krankenhäuser vor, dass alle dort tätigen Personen über einen Impf- oder Genesenennachweis gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 verfügen müssen, welche sie dem Einrichtungsleiter vorlegen müssen. Das schließt auch Auszubildende in diesen Einrichtungen mit ein.

Kein automatisches Beschäftigungsverbot

Unterlassen Beschäftigte das Vorlegen eines Impf- bzw. Genesenennachweises, differenziert das Gesetz nach dem Einstellungsdatum:

  • Ausschließlich für ab dem 16.03.2022 neu eintretende Arbeitnehmer ordnet das Gesetz ausdrücklich ein Beschäftigungsverbot an (§ 20a Abs. 3 Satz 4 IfSG).
  • Für die bereits vor dem 15.03.2022 beschäftigten Arbeitnehmer, die dem Einrichtungsleiter keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, besteht hingegen lediglich eine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt. Dieses kann sodann nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG eine Einzelfallentscheidung treffen und ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot erlassen.

Da der Auszubildende bereits vor dem 15.03.2022 bei der Beklagten beschäftigt war und für ihn kein behördliches Tätigkeitsverbot vorlag, war das Krankenhaus als Ausbildungsbetrieb auch über den 15.03.2022 hinaus verpflichtet, dem Kläger Annahmeverzugslohn zu zahlen.

Hinweis für die Praxis

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Arbeitsgericht hat hier ausdrücklich darauf abgestellt, dass der Auszubildende bereits vor dem 15.3.2022 eingestellt war, so dass das Beschäftigungsverbot nicht automatisch eingetreten ist.  Für ab dem 16.32022 eingegangene Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ist aber davon auszugehen.

Derzeit ist auch die SARS-CoV-2-Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bis 31.12.2022 befristet (vgl. Art. 23 Abs. 4 des " Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie" vom 10.12.2021, BGBl. I, Nr. 23 v. 11.12.2021, S. 5162 (5174) ).

Falls der Gesetzgeber die Befristung nicht noch verlängert, dürfte auch für nach diesem Datum begründete Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisse kein Beschäftigungsverbot kraft Gesetzes gelten, wenn ein Impf- oder Genesenen-Nachweis fehlt.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

ArbG Bonn (18.05.2022)
Aktenzeichen 2 Ca 2082/21
ArbG Bonn, Pressemitteilung vom 2.6.2022
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