Kein Streik zu Lasten der Patienten

Das ArbG Berlin hat den Antrag der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH auf Untersagung des bis 25.08.2021 geplanten Warnstreiks der Gewerkschaft ver.di zur Durchsetzung eines Entlastungstarifvertrages zurückgewiesen.
Vivantes hatte auf die Friedenspflicht verwiesen, da die von ver.di angestrebten tariflichen regelungen bereits im anwendbaren TVöD enthalten seien. Ver.di hatte dies verneint. Bei den vorliegenden tarifvertraglichen Regelungen gehe es um die Arbeitszeit, bei den angestrebten Regelungen gehe es um Arbeitsinhalte. Zudem hatte ver.di die vom Arbeitgeber bestrittenen ausreichend vorhandenen Notdienste während eines Streiks überzeugend darlegen können.
Das ArbG Berlin hat daher den Antrag auf Untersagung des Streiks zurückgewiesen. Begründung: Es liege kein Verstoß gegen die Friedenspflicht vor bzw. dieser sei im Rahmen der summarischen Prüfung im Eilverfahren nicht mit der Sicherheit feststellbar, was aber für den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung eines Streiks erforderlich wäre.
Keine Untersagung mangels Notdienst
Der Streik sei auch nicht mangels Notdienst zu untersagen. Zwischenzeitlich liege hierzu – anders als bei Erlass der vorläufigen Untersagung bis zur mündlichen Verhandlung – eine eindeutige Erklärung von ver.di vor. Mit den hier zugesagten Notdiensten sei dieser für den verbleibenden Streikzeitraum hinreichend gewährleistet. Eine Vereinbarung von Notdienstregelungen sei nicht erforderlich.
Gegen die Entscheidung hat das ArbG Berlin die Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg gegeben.
Zuvor hatte das ArbG Berlin per einstweiliger Verfügung verboten, vom 23. bis 25.08.2021, einschließlich der am 26.08.2021 endenden Nachtschicht, Beschäftigte der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH sowie weiterer Vivantes-Gesellschaften zum Streik aufzurufen sowie Streiks durchzuführen, soweit nicht die Leistung eines Notdienstes nach den Vorstellungen der Arbeitgeberseite gewährleistet ist. (Beschluss vom 20.08.2021, Az.: 29 Ga 8464/21)
Begründung des Gerichts war, dass ein Streik, bei dem kein oder kein adäquater Notdienst eingerichtet ist, eine Gefahr für Leib und Leben von Patienten bedeutete. Es müsse als Voraussetzung für einen Streik daher zwingend eine Notdienstvereinbarung zur Versorgung der Patienten vorliegen. Dabei obliege es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten des Notdienstes festzulegen, und nicht der streikenden Gewerkschaft. Diese kann den Personalbedarf nicht einseitig festlegen.
Anm. d. Red.: Das sind die ver.di-Forderungen:
- Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes TVöD soll für alle Beschäftigten des Mutterkonzerns sowie der zahlreichen Vivantes-Töchter gelten. Vivantes, zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Berlin, dürfe nicht länger Lohndumping betreiben.
- Auflösung der Tochtergesellschaften für einheitliche Bedingungen.
- Mehr Personal für alle Bereiche im Krankenhaus, um die immer stärker werdende Arbeitsverdichtung zu stemmen.
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Quelle
Aktenzeichen 36 Ga 8475/21