Keine Anwaltskosten für nur strategische Wahlanfechtung

Das Arbeitsgericht hatte entschieden, dass eine Betriebsratswahl unwirksam war. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat die Entscheidung bestätigt, welche am 3.02.2014 zugestellt wurde. Bereits im Dezember 2013 wurde ein Wahlvorstand zur Durchführung von Neuwahlen bestellt. Am 21.02.2014 legte der (amtierende) Betriebsrat gegen die die Entscheidung des LAG noch eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ein, begründete sie aber nicht. Am 3.4.2014 erklärten die Betriebsratsmitglieder gegenüber dem BAG, dass sie ihre Beschwerde nicht zurücknehmen wollten. Die Neuwahl des Betriebsrats erfolgte am 11.03.2014. Sie wurde nicht angefochten. Mit Beschluss vom 26.06.2014 wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Arbeitgeber verweigert Kosten für letztes Rechtsmittel
Die Anwaltskosten der 1. Und 2. Instanz hat der Arbeitgeber bezahlt. Die Kosten der 3. Instanz in Höhe von 1666,95 Euro hingegen nicht. Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, dass die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden musste, um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden. Wegen des beim BAG bestehenden Vertretungszwangs habe das (damalige) Gremium auch einen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Der Arbeitgeber steht auf dem Standpunkt, dass keinerlei Erfolgsaussichten für die Nichtzulassungsbeschwerde bestanden haben und er daher nicht zahlen müsse.
Regel: Anwaltskosten des Betriebsrats trägt der Arbeitgeber
Gemäß § 40 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden Kosten. Dazu gehören auch Anwaltskosten. Aber nur solche, die zur Wahrnehmung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechte erforderlich sind.
Dem Betriebsrat steht ein Beurteilungsspielraum zu, wobei allein die subjektive Bewertung nicht ausreicht. Es müssen vielmehr die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsmandats auf der einen Seite gegenüber den berechtigten Interessen des Arbeitgebers auf der anderen Seite gegeneinander abgewogen werden. Bei der Verursachung von Kosten muss der Betriebsrat die Maßstäbe einhalten, die er anwenden würde, wenn er persönlich die Kosten tragen müsste (BAG 14.12.2016, 7 ABR 8/15).
Ausnahme: Mutwillige Kosten für aussichtslose Verfahren
Die Pflicht, die entstandenen Kosten zu tragen entfällt daher, wenn ein Gewinnen des Prozesses unmöglich ist, weil die Rechtsverfolgung aussichtslos ist. Ebenso entfällt die Kostentragungspflicht wenn es sich um eine mutwillige Rechtsverfolgung handelt. Dies ist der Fall, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung der Kostentragungspflicht missachtet wird. Diese Prüfung muss für jede Instanz gesondert erfolgen. Dabei wird geprüft, ob und mit welchen Argumenten ein Rechtsmittel gegen eine negative Entscheidung in eine positive umgewandelt werden kann. Dies gilt auch bei einem Anwaltszwang zur Vertretung.
Rein »strategische« Anwaltskosten sind mutwillig
Das LAG Düsseldorf hatte die Rechtsbeschwerde zum BAG nicht zugelassen. Ein LAG muss die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung zulassen, wenn die Voraussetzungen von § 92 a Abs. 2 iVm § 72 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 – 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) erfüllt sind. Es muss eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen, die für die Entscheidung des Rechtsstreit erheblich ist, oder das LAG ist einem entscheidungserheblichen Punkt von der Rechtsprechung anderer LAG abgewichen (so genannte Divergenz) oder es liegt ein absoluter Revisionsgrund vor, etwa eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Dem Betriebsrat ging es ausschließlich darum, eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden. Wird eine Wahl nach der Anfechtung rechtskräftig aufgehoben, endet mit diesem Tag das Mandat des Betriebsrates. Das Gesetz sieht keine Weiterführung der Geschäfte bis zur Neuwahl des Betriebsrates vor.
Hinweis für die Praxis
Mutwillige Kosten treffen die Mitglieder des Betriebsrates selbst
Es war völlig aussichtslos, dass das Bundesarbeitsgericht bis zur Neuwahl am 11.03.2014 über die am 21.02.2014 eingelegte Beschwerde entscheidet. Auch aus dem Schreiben des Anwalts des Betriebsrats an das Bundesarbeitsgericht, dass die Beschwerde nicht begründet wird, wird deutlich, dass es dem Betriebsrat nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung ging. In einer derartigen Konstellation musste der Betriebsrat die betriebsratslose Zeit hinnehmen. Zumal es auch nur um einen sehr kurzen Zeitraum ging. Die Kosten bleiben bei den Mitgliedern des »alten« Betriebsrates hängen.
Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH
Quelle
Aktenzeichen 7 ABR 34/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 16.5.2018.