Personalratsarbeit

Keine Kündigung ohne Anhörung

17. Juli 2023
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Quelle: Coloures-pic_Dollarphotoclub

Eine verhaltensbedingte Kündigung muss in Bezug zum Arbeitsverhältnis stehen. Eine Kündigung aufgrund von einem Verhalten in der Freizeit oder vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist nur in einzelnen Fällen möglich. Wichtig ist außerdem die korrekte Anhörung des Personalrats.

Das war der Fall

Die Arbeitnehmerin ist Redakteurin in der Redaktion »Middle East« des Senders Deutsche Welle. Im November 2021 hatte die Süddeutsche Zeitung in einem Artikel über frühere antisemitische Aussagen der Redakteurin berichtet. Daraufhin kündigte der Sender das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Zuvor hatte er den Personalrat über die beabsichtigte Kündigung informiert. Die Redakteurin reichte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein. Das erklärte beide Kündigungen für unwirksam. Hiergegen legte der Sender Berufung ein.

Das sagt das Gericht

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Unwirksamkeit der Kündigungen bestätigt.
Die Äußerungen der Redakteurin stufte das Gericht zwar als antisemitisch und israelfeindlich ein, die mit den Werten des Senders unvereinbar sind. Ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten liege darin aber nicht. Denn die Redakteurin habe die Äußerungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses getätigt.

Personalrat nicht angehört

Der Sender hat außerdem den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt. Der Personalrat ist vor einer beabsichtigten Kündigung anzuhören. Der Arbeitgeber muss die Kündigungsgründe darlegen und dem Personalrat die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Informiert der Arbeitgeber den Personalrat nur, dass er eine Kündigung beabsichtigt, reicht das nicht aus. Ohne wirksame Personalratsanhörung ist die Kündigung nicht wirksam!
Laut Gericht habe der Sender den Personalrat sogar bewusst nicht ordnungsgemäß beteiligt.

Das muss der Personalrat wissen

Der Arbeitgeber kann Beschäftigten wegen Äußerungen oder Handlungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Regel nicht kündigen. Anders kann das sein bei öffentlichen Aussagen in der Freizeit während des Arbeitsverhältnisses. Das gilt insbesondere für Beamte und Beamtinnen, die einer besonderen Treuepflicht unterliegen.

Clara Seckert, Ass. Jur., Mainz.

Quelle

LAG Berlin-Brandenburg (28.06.2023)
Aktenzeichen 23 Sa 1107/22
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