Mitbestimmung

Keine Mitbestimmung beim ERA-Tarifvertrag

07. Juni 2021
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Quelle: magele_Dollarphotoclub

Regelt ein Tarifvertrag abschließend, wann und für welche Tätigkeiten Erschwerniszulagen zu zahlen sind, besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats mehr. Die angerufene Einigungsstelle ist nicht zuständig.

Immer wieder ist streitig, in welchem Umfang dem Betriebsrat noch Mitbestimmungsrechte zustehen, wenn es um die Regelungen des ERA-Tarifvertrags geht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tarifvertrag alles abschließend geregelt hat und damit keinerlei Spielraum auf Arbeitgeberseite besteht oder eben nicht.  

Das war der Fall

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zur Bestimmung von Arbeiten, die unter erheblichen Erschwernissen ausgeübt werden. Die Arbeitgeberin beschäftigt insgesamt ca. 215 Arbeitnehmer, darunter 75 Arbeitnehmer in ihrer Stahlgießerei. Sie ist auf Grund ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an die Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie (hier ERA NRW) gebunden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass ihm bei der Festlegung der zuschlagspflichtigen Tätigkeiten ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1Nr. 10 BetrVG zustehe, und hat, nachdem die Arbeitgeberin Verhandlungen darüber abgelehnt hatte, die Einigungsstelle angerufen.

Das sagt das Gericht

Es besteht keine Zuständigkeit der Einigungsstelle.

Denn das vom Betriebsrat reklamierte und einzig in Betracht kommende Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestehe – so die Richter - unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.

  • Im Prinzip hat der Betriebsrat zwar bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung (Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und – methoden) ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Das Recht ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Tarifvertragsparteien die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit bereits selbst zwingend und abschließend inhaltlich geregelt haben
  • Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Tatbestand des Erschwerniszuschlags ist in § 11 ERA abschließend so geregelt, dass die Arbeitgeberin die Tarifnorm nur zu vollziehen und nichts mehr mit dem Betriebsrat zu regeln hat.

ERA macht nicht nur Vorgaben zur Höhe des Zuschlags, sondern legt die den Zuschlag auslösenden Tätigkeiten unter § 11 Nr. 1 ERA für jene Arbeiten fest, die unter hohen körperlichen Belastungen oder besonders starken Umgebungseinflüssen, die über die normalen Erschwernisse erheblich hinausgehen, ausgeführt werden, oder die gesundheitsschädlich und gefährlich sind.

  • Die Tatsache, dass der Tarifvertrag unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet und eine gewisse „Unschärfe“ aufweist, ändert nichts an seinem abschließenden Charakter. Es entspreche – so das Gericht - dem Wesen von Tarifverträgen als Normenverträgen für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen, dass ihnen eine gewisse Unschärfe immanent sei. Das rechtfertige aber nicht die Annahme einer Regelungslücke.
  • Es sei keineswegs so, dass die Arbeitgeberin auf Grund des nicht bestehenden Mitbestimmungsrechts einseitig den Kreis der Tätigkeiten bestimmen kann, bei denen der Zuschlag anfällt. Dazu ist die Arbeitgeberin nicht befugt. Der benachteiligte Arbeitnehmer könne das im Rahmen einer Zahlungsklage überprüfen lassen.

Das muss der Betriebsrat wissen

Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (Lohngestaltung) hängt entscheidend vom Bestehen eines Tarifvertrags ab. Ohne einen solchen hat dieses Mitbestimmungsrecht eine große Bedeutung. Gibt es aber einen Tarifvertrag und enthält dieser sogar „abschließende“ Regelung, dann ist das Mitbestimmungsrecht stark eingeschränkt. Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist aber nur insoweit ausgeschlossen, wie die betreffende Angelegenheit tatsächlich abschließend durch Tarifvertrag geregelt ist. Das haben die Richter hier bei den Erschwerniszulagen so gesehen.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Köln (15.03.2021)
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