Arbeitslosengeld

Keine Pflicht zur Erreichbarkeit während Umschulung

17. Januar 2020
Agentur für Arbeit, Bundesagentur, Arbeitsagentur
Quelle: www.pixabay.com/de (succo)

Wer Arbeitslosengeld bezieht, muss der Arbeitsagentur einen Umzug rechtzeitig mitteilen – bei Verstößen gegen die Pflicht zur Erreichbarkeit droht eine Rückforderung. Die Pflicht besteht aber nicht, wenn Arbeitslose eine geförderte Weiterbildungsmaßnahme absolvieren – so das Bundessozialgericht.

Darum geht es:

Der Kläger nahm an einer geförderten Umschulung zum Kfz-Mechatroniker teil und erhielt Arbeitslosengeld (ALG) bei beruflicher Weiterbildung gemäß § 144 Abs. 1 SGB III. Während dieser Maßnahme zog er um, teilte dies der Arbeitsagentur aber erst nach etwa acht Monaten mit. Die Arbeitsagentur hob für diesen Zeitraum die Leistungsbewilligung auf und verlangte eine Erstattung in Höhe von 8 728,57 Euro. Klage und Berufung blieben erfolglos.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass Anspruch auf ALG bei beruflicher Weiterbildung nur habe, wer auch alle Voraussetzungen für ALG bei Arbeitslosigkeit erfülle. Dazu gehöre auch die Pflicht zur Erreichbarkeit für die Arbeitsagentur, um Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (§ 138 Abs 5 Nr 2 SGB III).

Der Kläger hätte daher auch während der geförderten Weiterbildungsmaßnahme erreichbar bleiben müssen – gegen diese Pflicht habe er durch den verspätet mitgeteilten Umzug verstoßen, so das die Arbeitsagentur das ALG zurückfordern durfte (LSG Rheinland-Pfalz - L 1 AL 45/17, 28.06.2018).

Das sagt das BSG

Vor dem Bundessozialgericht (BSG) hatte der Kläger Erfolg. Die Rückforderung sei fehlerhaft gewesen. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, aufgrund derer dem Kläger das ALG bei Weiterbildung bewilligt wurde, sei nicht eingetreten, befand das Gericht.

Von Arbeitslosen in einer geförderten Weiterbildungsmaßnahme sei entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht zu fordern, dass sie Vermittlungsvorschlägen zeit- und ortsnah Folge leisten können.

Schon die unterschiedliche Bezeichnungen »ALG bei Arbeitslosigkeit« und »ALG bei beruflicher Weiterbildung« legten nahe, dass es für einen Anspruch nach § 144 Abs 1 SGB III nicht auf alle Merkmale der in § 138 SGB III geregelten Anspruchsvoraussetzung »Arbeitslosigkeit« ankommt.

Insbesondere bedürfe es während der Weiterbildung keiner Verfügbarkeit (§ 138 Abs. 1 Nr 3 und Abs. 5 SGB III) als Element der Arbeitslosigkeit.

Das ALG und das Unterhaltsgeld seien mit den Hartz-Reformen zum 1.1.2005 zu den einheitlichen Versicherungsleistungen »ALG bei Arbeitslosigkeit« und »ALG bei beruflicher Weiterbildung« zusammengeführt worden.

Die Zusammenführung sollte nach den Motiven des Gesetzgebers einer deutlichen Vereinfachung des Leistungsrechts dienen, aber nicht mit leistungsrechtlichen Nachteilen für den Betroffenen verbunden sein. Sinn und Zweck des ALG bei Weiterbildung fordern ebenfalls keine Erreichbarkeit als Element der Verfügbarkeit. Aus systematischen Gründen spricht hierfür schließlich § 139 SGB III, der Sonderfälle der Verfügbarkeit regelt.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BSG (10.12.2019)
Aktenzeichen B 11 AL 4/19 R
Quelle: Bundessozialgericht, Terminbericht vom 10.12.2019
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