Krankenversicherung

Krankenkasse muss für Konservierung von Samenzellen zahlen

16. Mai 2024
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Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Bild von Herney Gómez

Droht einem Versicherten der Verlust der Zeugungsfähigkeit, hat er Anspruch auf Konservierung seiner Samenzellen (Kryokonservierung). Die Krankenkasse muss auch für die Leistung durch einen privaten Dienstleister zahlen, wenn nicht einmal die kassenärztliche Vereinigung einen zugelassenen Anbieter benennen kann - so das Bayerische Landessozialgericht.

Darum ging es

Ein junger Ehemann sah sich im Jahr 2021 unversehens damit konfrontiert, dass er an Hodenkrebs erkrankt ist. Durch die in Aussicht genommene Therapie drohte ihm der Verlust der Zeugungsfähigkeit. Die Verdachtsdiagnose erfolgte am Donnerstag, ihre Bestätigung am Freitag. Zugleich macht er einen Termin für Montag zur Spermiengefrierung, da der Operationstermin auf Mittwoch gelegt wurde.

Die Konservierung der Keimzellen erfolgt sodann am Montag über eine so genannte „Kinderwunschpraxis“, die über eine kassenärztliche Zulassung verfügt und auf ihrer Homepage auch die Kryokonservierung von Keimzellen anbietet.

Allerdings – was zunächst nicht ohne weiteres erkennbar ist – kommt dieses Angebot von einer eigenständigen GmbH, die nicht als Leistungserbringerin zugelassen ist.

Die Krankenkasse weigerte sich, für die Leistungen nicht zahlen, da die Kryokonservierung nicht von einem zugelassenen Leistungserbringer vorgenommen wird. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger nach einem zugelassenen Leistungserbringer suchen muss.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern konnte jedoch selbst bis zum Ende des Berufungsverfahrens hierfür keinen einzigen zugelassenen Leistungserbringer in Bayern benennen. Das Sozialgericht hat den Anspruch des Klägers grundsätzlich bejaht. Er habe in einer solchen Situation einen Anspruch auf Erstattung der Kosten auch bei Leistung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer. Anders könne er seinen gesetzlich vorgesehenen Anspruch nicht verwirklichen.

Das sagt das Gericht

Das LSG hat das Recht des Versicherten bestätigt, in einer Situation des „Systemversagens“ der gesetzlichen Krankenversicherung auch Leistungen eines nicht zugelassenen - aber gleichwohl qualifizierten - Leistungserbringers in Anspruch zu nehmen.

In diesem Fall muss die Krankenkasse dem Versicherten die Kosten erstatten, die er für die Konservierung seiner Keimzellen aufwenden musste. Wenn selbst die Kassenärztliche Vereinigung keinen zugelassenen Leistungserbringer benennen kann, sind dem Versicherten weitere Nachforschungen nach zugelassenen Leistungserbringern nicht zumutbar. Der Senat hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Hinweis für die Praxis

Den Anspruch auf Kryokonservierung von Keimzellen hat der Gesetzgeber für solche Fälle bereits 2019 geschaffen (§ 27a SGB V). Seit 2021 ist die Entnahme und Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen im Falle von keimzellenschädigenden Therapien eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

Bayrisches LSG (30.01.2024)
Aktenzeichen L 5 KR 377/22
Bayer. Landessozialgericht, Pressemitteilung vom 30.1.2024
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