Informationsrecht - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Betriebsrat kann Einsicht in Bruttoentgeltlisten verlangen

09. Oktober 2014

Der Betriebsrat einer Klinik kann Einsicht in die Bruttoentgeltlisten nehmen, um zu prüfen, ob die Mitarbeiter anhand eines abstrakt vom Arbeitgeber festgelegten Systems bezahlt werden, auch wenn der Arbeitgeber behauptet, die Entgelte seien individuell ausgehandelt.

Orientierungssätze des Gerichts:
1. Der Betriebsrat einer Klinik kann Einsicht in die Bruttoentgeltlisten nehmen, um festzustellen, ob die Beteiligung ärztlicher Mitarbeiter an den privatärztlichen Liquidationserlösen auf einem abstrakten System beruht. In diesem Fall besteht eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für das Eingreifen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auch dann, wenn der Arbeitgeber geltend macht, die Beteiligung der einzelnen Mitarbeiter an diesen Erlösen sei individuell ausgehandelt.

2. Gewährt der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG Einsicht in die Bruttoentgeltlisten, handelt es sich um eine nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässige Form der Datennutzung. Der Betriebsrat ist Teil der verantwortlichen Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG.

Quelle:
BAG, Beschluss vom 14.01.2014
Aktenzeichen 1 ABR 54/12

Folgen für die Praxis

Anmerkung von Bettina Fraunhoffer LL.M., DGB Rechtsschutz GmbH

Mit de vorliegenden Entscheidung stärkt das BAG die Rechte der Betriebsräte gegenüber dem Arbeitgeber. Aus dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) ergibt sich, dass dem Betriebsrat das Recht, in die Listen über die Bruttolöhne der Arbeitnehmer Einblick zu nehmen, zusteht. Ausgenommen ist die Liste der Gehälter der leitenden Angestellten (§ 5 Abs. 3 BetrVG).

Grundsätzlich umfasst das Einsichtsrecht alle Lohn- und Gehaltsbestandteile der Arbeitnehmer. Es wird nur soweit gewährt, wie es zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist. Macht der Betriebsrat sein Einsichtsrecht gegenüber dem Arbeitgeber geltend, kommt es nicht selten zu abwehrenden Reaktionen oder gar einer Verweigerungshaltung des Arbeitgebers.

Dies sollte der Betriebsrat nicht hinnehmen. Der Betriebsrat hat grundsätzlich immer ein Interesse an der Einsicht in die Bruttolohnlisten, um darüber wachen zu können, dass die geltenden Gesetze und Tarifverträge eingehalten werden und das Gebot der Lohngerechtigkeit beachtet wird.

Zudem kann auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (betriebliche Lohngestaltung) nämlich tangiert sein. Auch wenn einzelne Arbeitnehmer nicht wollen, dass der Betriebsrat die Höhe ihrer Bruttolöhne kennt, ändert dies nichts am Einsichtsrecht des Betriebsrats. Einzelne Beschäftigte können die Einsicht in die Gesamtliste nicht untersagen lassen. 


Lesetipp der AiB-Redaktion:
» Entgeltgleichheit - So kann der Betriebsrat bei der Prüfung vorgehen« von Dr. Manuela Maschke in »Arbeitsrecht im Betrieb« 7-8/2013, S. 444-447.

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