Arbeitsschutz

Mitbestimmung bei Regelbegehungen im Rahmen des Arbeitsschutzes

18. Januar 2023
betriebsrat-arbeitsschutz

Die Festlegung und Organisation von Regelbegehungen im Arbeitsschutz unterliegen nicht der Mitbestimmung des örtlichen Personalrats einer Schule, wenn die Begehungen durch eine dafür gebildete Koordinationsstelle geregelt werden und die einzelnen Schulen in die Entscheidungen nicht eingebunden sind.

Das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen hatte eine GmbH als überbetrieblichen Dienst beauftragt, die betriebsärztliche und arbeitssicherheitstechnische Betreuung aller Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen des Landes wahrzunehmen. Die für die arbeitsschutzrechtlich vorgeschriebenen Regelbegehungen vorgesehenen Schulen wurden jeweils durch eine Koordinationsstelle des Ministeriums und der GmbH ausgewählt. Die Regelbegehungen erfolgten ausschließlich durch Mitarbeiter der GmbH. Der örtliche Personalrat einer Schule forderte die Mitbestimmung bei der Festlegung und Organisation der Regelbegehungen ein. Er bezog sich auf den Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Nr. 7 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) NRW, wonach Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen einschließlich Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art mitbestimmungspflichtig sind.

Das sagt das Gericht

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW befand, dass das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht besteht, da die Festlegung und Organisation der Regelbegehungen an den Schulen in der durchgeführten Form keine Maßnahme der Schule sind.

Mitbestimmung nur bei eigener Maßnahme der Dienststelle

Als Maßnahme wird im Allgemeinen jede Handlung oder Entscheidung einer Dienststelle angesehen, mit der diese in eigener Zuständigkeit eine Angelegenheit der Dienststelle regelt. Die Dienststelle muss die Maßnahme als ihre eigene, also eigenverantwortlich, durchführen wollen. An einer eigenen Regelung der Dienststelle fehlt es, wenn sie rechtlich oder tatsächlich lediglich in Sachzusammenhänge einbezogen ist, ohne selbst handelnd in diese einzugreifen. Ist die Dienststelle nach außen hin nicht allein entscheidungsbefugt, liegt eine eigene Regelung nur dann vor, wenn die Dienststelle einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung hat.

Vorliegend legte ausschließlich die zentrale Koordinationsstelle die Auswahl der Schulung für eine Regelbegehung fest. Die einzelnen Schulen waren in die Entscheidungsfindung nicht eingebunden, sodass es nach zutreffender Auffassung des Gerichts an einer Maßnahme der Dienststelle fehlte.

Unterlassen ist grundsätzlich keine Maßnahme

In seiner weiteren Begründung wies das OVG NRW darauf hin, dass der Umstand, dass die Schule es unterlässt, die Regelbegehungen selbst zu organisieren, nicht genügt, um eine Maßnahme i. S. v. § 66 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW anzunehmen. Ein Untätigbleiben oder ein Unterlassen der Dienststelle kann nur dann der Mitbestimmung unterliegen, wenn das Gesetz die Versagung, Untersagung oder Ablehnung einer Maßnahme ausdrücklich für mitbestimmungspflichtig erklärt. Dies ist aber beim Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Nr. 7 LPVG NRW nicht der Fall.

Praxistipp

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterfällt ein Untätigbleiben oder ein Unterlassen regelmäßig nicht dem Maßnahmenbegriff (vgl. BVerwG vom 1.8.1983 – 6 P 8.81). Dennoch bedarf es immer der genauen Betrachtung, ob in einem Unterlassen nicht doch eine Entscheidung der Dienststelle zu erblicken ist, etwa wenn ein Unterlassen in Wahrheit die negative Entscheidung darstellt, tätig zu werden (so z.B. das OVG NRW in seiner Entscheidung vom 30.3.2009 – 16 A 2327/07.PVL). Personalräte sollten dies im Einzelfall genau prüfen, um nicht vorschnell auf Mitbestimmungsrechte zu verzichten.

Dr. Laurie-Ann Klein, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Welkoborsky & Partner, Bochum

Quelle

OVG NRW (25.10.2022)
Aktenzeichen 34 A 981/21.PVL
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