Arbeitsschutz

Neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel

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Quelle: pixabay

Bereits im April hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) »Arbeitsschutzstandards wegen COVID-19« veröffentlicht. Jetzt legt das BMAS mit einer neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel nach und gibt den MAVen mehr Möglichkeiten, angemessene Corona-Schutzstandards im Betrieb einzufordern.

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (SCAR) konkretisiert die Anforderungen an den Arbeitsschutz im Hinblick auf SARS-CoV-2. Im Fokus stehen konkrete Maßnahmen für die Betriebe, um das Infektionsrisiko für die Beschäftigten zu senken.

Die Arbeitsschutzregel ist zeitlich befristet für die Dauer der Pandemie und wurde gemeinsam von den Arbeitsschutzausschüssen beim Bundesarbeitsministerium unter Koordination der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erstellt. Sie trat am 20.8.2020 durch Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt in Kraft (GMBl 2020 S. 484-495, Nr. 24/2020 vom 20.8.2020).

Ziele der Arbeitsschutzregel

Ziel der SCAR ist es, die Gesundheit der Beschäftigten in der Zeit der SARS-CoV-2-Epidemie durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes wirkungsvoll zu schützen. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen in den Betrieben, Einrichtungen und Verwaltungen wird durch Unterbrechung von Infektionsketten zugleich ein Beitrag zum Bevölkerungsschutz geleistet.

Bei Einhaltung der Konkretisierungen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Anforderungen aus den Verordnungen erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. Zudem erhalten die Aufsichtsbehörden der Länder eine einheitliche Grundlage, um die Schutzmaßnahmen in den Betrieben zu beurteilen.

HINWEIS FÜR DIE MAV:  Die MAV ist bei allen Arbeitsschutzmaßnahmen zu beteiligen. Die Mitbestimmung folgt für die MAV in evangelischer Kirche und Diakonie aus § 40 b) MVG-EKD (Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und gesundheitlichen Gefahren) und bei der MAV in katholischer Kirche und Caritas aus § 36 Abs. 1 Nr. 10 MAVO (Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen).

Gefährdungsbeurteilung und Beteiligung der Interessenvertretung

Der Arbeitgeber hat vor dem Hintergrund der Epidemie und der Bekanntmachung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des BMAS gemäß §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) die bestehende Gefährdungsbeurteilung und die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes hinsichtlich eventuell zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren.

Hier nennt die Arbeitsschutzregel explizit auch die Beteiligung der Interessenvertretungen. So heißt es: Der Arbeitgeber soll bei der Überprüfung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und bei der Ableitung betriebsspezifischer Infektionsschutzmaßnahmen die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt einbeziehen. Zudem ist der Prozess beteiligungsorientiert unter Einbeziehung der Beschäftigtenvertretungen oder, falls diese nicht vorhanden sind, mit den Beschäftigten umzusetzen. Geeignete Gremien für den Austausch und die Abstimmung sind der Arbeitsschutzausschuss oder eingesetzte Epidemie- oder Krisenstäbe.

HINWEIS FÜR DIE MAV: § 1 Abs. 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) stellt explizit klar, dass bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften die Mitarbeitervertretungen entsprechend dem kirchlichen Recht an die Stelle der Betriebs- oder Personalräte treten. Die Arbeitsschutzregel stärkt die konkreten Möglichkeiten der MAVen, angemessene Corona-Schutzstandards im Betrieb einzufordern.

Rechte der Beschäftigten

Die Arbeitsschutzregel legt fest:

  • Beschäftigte können sich im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge  zu ihren individuellen Gefährdungen arbeitsmedizinisch beraten lassen.
  • Im Rahmen des Arbeitsschutzes besteht keine Pflicht der Beschäftigten zur Offenbarung von medizinischen Risiken gegenüber dem Arbeitgeber.
  • Beschäftigte, die nach einer COVID-19-Erkrankung zurück an den Arbeitsplatz kommen, müssen vor Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit Informationen darüber bekommen, welche Schutzmaßnahmen aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie im Betrieb bzw. der Einrichtung getroffen wurden. Bei einer Arbeitsunfähigkeitsdauer von mehr als sechs Wochen in den letzten 12 Monaten ist der Arbeitgeber zudem verpflichtet, den betroffenen Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 167 Absatz 2 SGB IX anzubieten.
  • Grundsätzlich müssen Beschäftigte gegenüber dem Arbeitgeber im Falle einer Erkrankung keine Diagnosen oder Krankheitssymptome offenbaren. Gegebenenfalls erforderliche Informationen des Arbeitgebers übernimmt das Gesundheitsamt im Rahmen der Quarantäneveranlassung.
  • Erhält der Arbeitgeber Kenntnis über die Ansteckung eines Beschäftigten, gilt es, dessen Identität soweit es geht zu schützen, um einer Stigmatisierung von Betroffenen vorzubeugen.

Übertragungswege von SARS CoV-2

Die Arbeitsschutzregel enthält einige Ausführungen zu den Übertragungswegen des Coronavirus. Demnach wird SARS-CoV-2 vorrangig und mit hoher Ansteckungsrate über luftgetragene Tröpfchen (Aerosole) aus den Atemwegen Infizierter auf weitere Personen übertragen. Als Eintrittspforten gelten exponierte Schleimhäute der Empfänger (Mund, Nase, Augen). Die Übertragung findet vor allem bei räumlicher Nähe zu einem Virenausscheider statt, z.B. beim normalen Gesprächsabstand oder darunter.

Es zeigte sich, dass die Viren insbesondere in geschlossenen Räumen sehr effizient durch Tröpfchen und Aerosole von Mensch zu Mensch übertragen werden und sich in der Bevölkerung verbreiten. Die Übertragung über kontaminierte Oberflächen und Hände ist, wenn auch in geringerem Maße, ebenfalls möglich und in Betracht zu ziehen.

Für die Übertragung kommen nicht nur COVID-19-Erkrankte, sondern auch infizierte symptomlose Personen in Betracht. Eine Übertragung des Virus kann bereits ein bis zwei Tage vor Symptombeginn erfolgen. Das Infektionsrisiko steigt mit der Anzahl und der Dauer der ungeschützten Kontakte mit SARS-CoV-2-Infizierten.

Zum Nachlesen:

Mehr zur Mitbestimmung beim Arbeitsschutz lesen Sie in unseren Lexika für die MAV:

Deppisch/Jung/Schleitzer: Praxis der Mitarbeitervertretung von A bis Z, Das Lexikon für Evangelische Kirche und Diakonie, 5. Auflage 2020, Stichwort: Arbeitsschutz, Seite 118ff.

Geisen: Lexikon der MAV für katholische Kirche und Caritas von A bis Z, 2. Auflage 2018, Stichwort: Arbeitsschutz, Seite 99ff.

 

Quellen:

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel in der Fassung vom 10.8.2020 bzw. 20.8.2020

PM des BMAS vom 11.8.2020

 

© bund-verlag.de (ls)          

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