Betriebsratsmandat

Rechtsweg gegen Abmahnung

11. Februar 2020
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Quelle: © akf / Foto Dollar Club

Abmahnungen gegen Betriebsratsmitglieder können die Arbeit des Gremiums beeinträchtigen. Die Mitglieder können sich mit einer Klage wehren. Ein Beschlussverfahren können sie aber nur dann einleiten, wenn die Abmahnung allein ihr Betriebsratsamt betrifft. Von Matthias Beckmann.

Darum geht es:

Arbeitnehmer und Arbeitgeber stritten um das Entfernen einer Abmahnung aus der Personalakte. Der Arbeitnehmer war Mitglied des Betriebsrats. Er hatte den Antrag beim Arbeitsgericht nicht im Urteilsverfahren gestellt, sondern im Beschlussverfahren.

Der Arbeitgeber hatte dem Betriebsratsmitglied eine Abmahnung mit dem Vorwurf erteilt, er habe gegenüber Kollegen beleidigende Äußerungen und körperliche Drohungen getätigt. Diese Vorfälle hatten sich im Zusammenhang mit einer Unterschriftenaktion der Belegschaft ereignet. Ziel dieser Aktion war ein Verfahren gegen den Betriebsrat, um dessen Auflösung zu beantragen.

Abmahnung wegen Betriebsratstätigkeit oder Verhaltens

Daraufhin beantragte das Betriebsratsmitglied beim Arbeitsgericht, die Abmahnung aus seiner Personalakte zu entfernen. Dies tat der Arbeitnehmer im Beschlussverfahren. Zur Begründung erklärte er unter anderem, die Abmahnung behindere ihn beim Ausüben seiner Betriebsratstätigkeit.

Demgegenüber meint der Arbeitgeber, es seien allein individualrechtliche Positionen des Arbeitnehmers berührt. Eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit habe dieser nicht näher dargelegt. Die bloße Doppelrolle des Antragstellers als Betriebsratsmitglied und Arbeitnehmer genüge nicht, um den Rechtsstreit im Beschlussverfahren durchzuführen.

Das Arbeitsgericht gab insofern dem Arbeitgeber Recht und erklärte die vom Betriebsratsmitglied gewählte Verfahrensart für unzulässig. Den Rechtsstreit überführte das Arbeitsgericht in das Urteilsverfahren. Das Betriebsratsmitglied legte hiergegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein.

Das sagt das Gericht

Das Rechtsmittel blieb erfolglos. Über den Antrag auf Entfernung der Abmahnung vom 19.02.2019 aus der Personalakte sei allein im Urteilsverfahren zu entscheiden, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf.

Ob ein arbeitsrechtlicher Streit im Urteils- oder im Beschlussverfahren geklärt werden muss, richtet sich nach dem Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Dieses listet auf, welche Streitgegenstände ins Urteilsverfahren (§ 2 ArbGG) oder in das Beschlussverfahren (§ 2a ArbGG) gehören.

Ein Beschlussverfahren kommt demnach nur dann in Betracht, wenn es um die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung des Betriebs und die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Betriebspartner geht.

Rechtsgrundlage entscheidet

Im hiesigen Verfahren stand nach Überzeugung des LAG aber gerade nicht fest, dass es bei der Abmahnung um ein betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis ging. Denn der Arbeitnehmer konnte seinen Anspruch sowohl auf eine individualrechtliche als auch auf eine betriebsverfassungsrechtliche Grundlage stützen, zumindest theoretisch.  

Betriebsverfassungsrechtlich kam § 78 BetrVG in Betracht, wonach die Betriebsratsarbeit nicht gestört oder behindert werden darf. Individualrechtlich kann ein Arbeitnehmer stets eine ihm erteilte Abmahnung rechtlich überprüfen lassen.

Voraussetzung für den Zugang zum Beschlussverfahren wäre hier aber gewesen, dass der Arbeitnehmer dieses betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis schlüssig darlegt. Er hätte also begründen müssen, warum die Abmahnung, andere Beschäftigte nicht zu beleidigen, ihn in der Ausübung seines Betriebsratsamtes behindert. Da diese Darlegung fehlte, hat das Gericht den Streit folgerichtig in das Urteilsverfahren verwiesen.

Praxishinweis

Betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung

Hätte nicht das betroffene Betriebsratsmitglied, sondern der Betriebsrat selbst als Gremium den Antrag auf Entfernen der Abmahnung gestellt, wäre das Beschlussverfahren zulässig gewesen, da ein Betriebsratsgremium nie auf individuelle Rechte der Arbeitnehmer zurückgreifen kann.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat im Übrigen in einem früheren Verfahren entschieden, dass Abmahnungen wegen der Art der Amtsausübung von Betriebsratsmitgliedern nicht in die Personalakten der Betriebsratsmitglieder aufgenommen werden dürfen.

Ob eine solche Abmahnung überhaupt ausgesprochen werden darf, ist umstritten. Die Betriebsratsmitglieder können aber in jedem Fall die Entfernung solcher Abmahnungen aus ihren Personalakten verlangen und nötigenfalls im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren durchsetzen (ArbG Stuttgart 30.4.2019 - 4 BV 251/18).

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH.

Quelle

LAG Düsseldorf (08.11.2019)
Aktenzeichen 4 Ta 412/19
Sie erhalten diese Entscheidungsbesprechung als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 12.2.2020.
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