Rufschädigung über WhatsApp rechtfertigt Rauswurf

Die Arbeitnehmerin war seit zwei Tagen als kaufmännische Angestellte bei ihrem neuen Arbeitgeber angestellt. Am Wochenende nach ihrer Einstellung besuchte sie in ihrer Freizeit eine Bar. Dort erzählte ihr ein Bekannter, dass der Vater des Geschäftsführers ihres Betriebs, der auch in dem Betrieb arbeitet, ein verurteilter Vergewaltiger sei.
Dies war nicht wahr, was die Arbeitnehmerin allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht wusste. Das Gerücht teilte sie einer Arbeitskollegin per WhatsApp mit. Diese Kollegin informierte den Geschäftsführer und seinen Vater. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage.
Ehrverletzung rechtfertigt fristlose Kündigung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) stellte im ersten Schritt fest, dass Äußerungen, die eine erhebliche Ehrverletzung für den Arbeitgeber oder einen Mitarbeiter bedeuten, eine fristlose Kündigung begründen können. Das gilt insbesondere für das Verbreiten unwahrer ehrenrühriger Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, den Betreffenden in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Das Verbreiten der objektiv unwahren Behauptung, der Vater des Geschäftsführers sei ein verurteilter Vergewaltiger, stellt eine solche erhebliche Ehrverletzung dar und erfüllt zudem den Straftatbestand der üblen Nachrede nach § 186 des Strafgesetzbuchs (StGB).
Ehrenrühriger Tratsch als üble Nachrede
Das Gericht stellt klar, dass der Straftatbestand der üblen Nachrede auch dann erfüllt ist, wenn die ehrenrührigen Tatsachen scheinbar vertraulich mindestens gegenüber einem Dritten verbreitet werden und der Täter nicht weiß, dass seine Behauptungen unwahr sind.
Die Klägerin berief sich auf ihr Recht der freien Meinungsäußerung. Hier verwies das Gericht darauf, dass dieses Grundrecht dort nicht mehr schützt, wo das Recht der persönlichen Ehre des Betroffenen verletzt wird.
Die Interessenabwägung
Im zweiten Schritt wog das Gericht die gegenseitigen Interessen der Gekündigten gegenüber denen des Arbeitgebers ab. Dabei war für die fristlose Kündigung nicht die strafrechtliche Wertung der üblen Nachrede entscheidend, sondern die Frage, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber noch zumutbar war.
In diesem Fall überwog das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die von der Gekündigten verbreitete Behauptung stellte eine »äußerst gravierende Beschuldigung« dar. Das verbreitete Gerücht war nicht nur mit einer erheblichen Rufschädigung des Betroffenen verbunden, sondern betraf auch das Ansehen des Unternehmens. Da das Arbeitsverhältnis erst seit zwei Tagen bestand, genoss dieses noch keinen Bestandsschutz.
Hinweis für die Praxis
Es stellt sich nun die Frage, was die Beschäftigten und auch die Betriebsräte über den Arbeitgeber noch äußern dürfen ohne die Grenze zu einer Straftat zu überschreiten.
Bei der Prüfung des Grundrechtes auf freie Meinungsäußerung betonte das Gericht in dieser Entscheidung, dass Arbeitnehmer Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen ausüben dürfen. Sie dürfen sich dabei auch »überspitzt äußern«. Dabei müssen jedoch der strafrechtlich gesicherte Ehrenschutz und damit das Recht der persönlichen Ehre gewahrt bleiben.
Die Grenze zur üblen Nachrede ist dann überschritten, wenn die Behauptungen geeignet sind, den Betreffenden verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Tatsache als wahr erwiesen wird.
Yuliya Zemlyankina, DGB Rechtschutz GmbH
Quelle
Aktenzeichen 17 Sa 52/18
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 21.8.2019.