Arbeitszeit

Ruhezeiten während eines Polizeieinsatzes als Arbeitszeit

22. Juli 2020 Ruhezeit
Uhr_Männchen_55885173
Quelle: © Joachim Wendler / Foto Dollar Club

Die während des G7-Gipfels für die Polizisten dienstlich angeordnete Ruhezeit war rechtlich Bereitschaftsdienst. Denn von autonomer Freizeitgestaltung konnte keine Rede sein. Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Der Bund muss bis zu vier Wochen Freizeit gewähren – so das OVG Nordrhein-Westfalen.

Immer wieder geht es um die Frage, wie Ruhezeiten in bestimmten Berufsgruppen arbeitszeitrechtlich zu werten sind. Bei Polizisten, die im Auswärtseinsatz sind, spielt diese Frage eine brisante Rolle.  

Das war der Fall

Während des G7-Gipfels in Schloss Elmau im Jahr 2015 war eine Hundertschaft von Bundespolizisten im Einsatz. Die Polizisten waren in Hotels untergebracht. Während ihrer Ruhezeit sollten sie das Hotel nicht verlassen. Als Arbeitszeit wertete der Dienstherr die Ruhezeit zunächst nicht, sondern nur die geleisteten Volldienststunden und die Zeit des Bereitschaftsdienstes. Mehrere Polizisten wehrten sich gegen diese Berechnung der Arbeitszeit.

Die Polizisten verlangen, dass auch die Ruhezeit als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit anzusehen und entsprechend zu vergüten sei. Denn die Ruhezeit hätten sie an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort, nämlich in einem Hotel und damit außerhalb ihres Privatbereichs, verbringen müssen. Das Hotel hätten sie auch nicht ohne weiteres verlassen können. Vielmehr hätten die Polizisten permanent für einen jederzeitigen und unverzüglichen Einsatz bereithalten müssen. Sie verlangen teilweise bis zu 200 Stunden Freizeitausgleich – also vier Wochen dienstfrei.

Das sagt das Gericht

Anders als die Vorinstanz gibt das OVG den Polizisten in vollem Umfang Recht. Die Ruhezeiten während des G7-Gipfels sind rechtlich keine Ruhezeit, sondern Bereitschaftsdienst und damit Arbeitszeit. Sie sind als Mehrarbeit vom Dienstherrn angeordnet worden. Folglich müssen sie durch freie Tage (= Freizeitausgleich) ausgeglichen werden.

Abgrenzung Ruhezeit und Arbeitszeit

Entscheidend kommt es auf die Abgrenzung von Arbeitszeit und Ruhezeit an. Kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort und die Gestaltung seiner Zeit während der Ruhezeit frei bestimmen, so handelt es sich um Ruhezeit. Bestimmt – wie hier während des G7-Gipfels – der Arbeitgeber, wo der Arbeitnehmer sich während der Ruhezeit aufzuhalten hat und schränkt damit auch den Spielraum ein, wie dieser seine Zeit nutzen kann, so handelt es sich um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit.

Für Arbeitszeit ist nicht erforderlich, dass tatsächlich Arbeit geleistet wurde. Weder die Intensität der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit noch dessen Leistung gehören zu den wesentlichen Merkmalen des Begriffs »Arbeitszeit«. Vor diesem Hintergrund sind auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes Arbeitszeit.

Das muss der Betriebs- oder Personalrat beachten

Nicht alles, was als Ruhezeit deklariert wird, ist auch rechtlich Ruhezeit. Die soll nämlich der Erholung dienen. Das geht nur, wenn der Arbeitnehmer die Zeit autonom gestalten kann. Ist das nicht der Fall, weil der Arbeitgeber oder Dienstherr den Aufenthaltsort bestimmt und zudem noch in die Freizeitgestaltung rein regiert, dann kann von Erholung oder Ruhezeit keine Rede sein. Daher muss man immer auf die genaue Ausgestaltung der Ruhezeit schauen.

Bei der Berechnung des Freizeitausgleichs, der vom Bund auch in Geld ausgezahlt werden kann, spielt den klagenden Bundespolizisten zudem eine recht junge Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zusätzlich in die Karten. Demnach müssen Bereitschaftszeiten auch zu 100 Prozent ausgeglichen werden – und nicht wie früher nur zu 50 Prozent.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

OVG Nordrhein-Westfalen (13.02.2020)
Aktenzeichen 1 A 1672/18

Das könnte Sie auch interessieren