Betriebsratswahl

Smiley macht Wahlzettel ungültig

01. November 2021
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Quelle: Pixabay.com/de | Bild von athree23

Smileys sollen gute Stimmung anzeigen, aber an der falschen Stelle können sie gefährlich sein: Versieht ein Wahlberechtigter seinen Stimmzettel für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer mit einem "Smiley", macht dies den Stimmzettel ungültig - so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Die Entscheidung ist auch für die Betriebsratswahlen 2022 relevant.

Darum geht es

In einer Aktiengesellschaft wird der Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelBG) zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt. Die maßgebliche Wahlordnung ist die »Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz« (WODrittelBG). Im März 2019 wählten die Beschäftigten des Unternehmens die drei Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat mit neun Mitgliedern.

Bei der Auszählung der Stimmen erklärte der Wahlvorstand einen Stimmzettel für ungültig, weil er in der linken oberen Ecke außerhalb des für die Stimmabgabe vorgesehenen Feldes ein Smiley mit einem Durchmesser von ca. 1 cm aufwies. Auf dem Stimmzettel war ua. der Name des Beteiligten zu 1. angekreuzt.  

Darüber kam es zum Streit, denn auf dem Wahlzettel war der Name eines Bewerbers angekreuzt, der wegen der Nichtwertung dieser Stimme stimmgleich mit einer weiteren Bewerberin war. Zwischen ihnen beiden wurde wie vorgesehen nach Losentscheid entschieden, wobei der Bewerber verlor. Wäre der Stimmzettel gewertet worden, wäre der Bewerber als Aufsichtsratsmitglied gewählt worden. Er erhob Klage und vertrat die Ansicht, der Smiley-Stimmzettel wäre zu Unrecht nicht mitgezählt worden.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin wies die Wahlanfechtung ab. Danach gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg dem Anfechtungsantrag statt (7.5.2020 – 26 TaBV 2161/19). Dagegen wehrte sich die Bewerberin, um deren Aufsichtsratssitz es ging. Sie legte Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ein.

Das sagt das BAG

Das BAG hob den Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg auf und stellte den Beschluss des ArbG Berlin wieder her: Die Entscheidung des Wahlvorstandes hat damit Bestand.

Der Wahlvorstand bei der Aufsichtsratswahl habe zu Recht entschieden, dass der mit dem Smiley versehenen Stimmzettel gemäß § 13 WODrittelbG als ungültig anzusehen war.

Der mit dem Smiley versehene Stimmzettel ist ungültig, weil er ein "besonderes Merkmal" im Sinne von. § 13 Abs. 3 Nr. 3 WODrittelbG enthält, auch wenn er im übrigen korrekt ausgefüllt ist und den Wählerwillen erkennen lässt.

Wann Stimmzettel ungültig sind, ergibt sich aus § 13 Abs. 3 WODrittelbG. Die Vorschrift nennt vier Unwirksamkeitsgründe:

»(3) Ungültig sind Stimmzettel,

  1. in denen mehr Bewerber angekreuzt sind, als Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind,
  2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt,
  3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind,
  4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten.«

Ein Stimmzettel enthält ein besonderes Merkmal im Sinne von § 13 Abs. 3 Nr. 3 WODrittelbG, wenn er über die der Stimmabgabe dienende Kennzeichnung (Kreuze) hinaus Eigenheiten aufweist, die geeignet sind, auf die Person des Wählers hinzuweisen - so das BAG.

Dies hat die Rechtsprechung etwa schon für Lippenstift- oder Brandflecke auf Wahlzetteln oder für Stifte mit außergewöhnlicher Farbe bejaht.

Die Ungültigkeit des Stimmzettels nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 WODrittelbG setzt voraus, dass das besondere Merkmal geeignet sein könnte, Rückschlüsse auf einen bestimmten Wähler zu ermöglichen. Dies beruht auf dem Zweck der Regelung, das Wahlgeheimnis zu wahren. Das bejaht das BAG in diesem Fall.

Zwar stehe es jedem Wähler frei, von sich aus vor oder nach der Wahl Dritten zu erzählen, wie er abgestimmt hat. Auf das Wahlgeheimnis bei der Stimmabgabe könne ein Wähler jedoch nicht einseitig verzichten, so das BAG, weil dieses auch dem Schutz der Wahlfreiheit und dem Schutz der Gewählten diene.

Hinweis für die Praxis

Diese Entscheidung sollten auch Wahlvorstände kennen, die bei der Betriebsratswahl 2022 amtieren. Denn das Verbot, gegen das der Stimmberechtigte hier mit seiner "Verzierung" des Wahlzettels verstoßen hat, findet sich beinahe gleichlautend auch in § 11 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz. Absatz 4 der Vorschrift besagt:

»(4) Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder aus denen sich der Wille der Wählerin oder des Wählers nicht unzweifelhaft ergibt oder die andere  Angaben als die in Absatz 1 genannten Vorschlagslisten, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, sind ungültig.«

In solchen Fällen muss auch ein Betriebsratswahlvorstand Stimmzettel als ungültig werten - tut er dies nicht, können Bewerber, die wegen angreifbarer Stimmen unterlegen sind und nicht gewählt wurden, erfolgreich gegen die Betriebsratswahl vorgehen.

Tipp

Es steht jedem Wahlvorstand frei, die Wahlberechtigten vor der Stimmabgabe noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass Kritzeleien, Kommentare oder spaßhafte Zusätze ihre Stimme ungültig machen - wer als Wähler:in ernstgenommen werden will, muss auch zeigen, dass sie/er das Wahlverfahren ernst nimmt.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (28.04.2021)
Aktenzeichen 7 ABR 20/20
Quelle: BAG online
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