Gleichstellung

Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen

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Quelle: © Doris Heinrichs / Foto Dollar Club

Bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40 gilt der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen nicht. Mit einer Gleichstellung, beantragt bei der Arbeitsagentur, sieht die Sache besser aus. Der Antrag sollte früh gestellt werden, um eine mögliche Kündigung abzuwenden, erklärt Bettina Krämer vom DGB-Rechtsschutz in »Gute Arbeit« 1/2020.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat in einer Entscheidung die Fristen für die Geltung des Sonderkündigungsschutzes behinderter Menschen präzisiert (LAG Niedersachsen 23.10.2018 - 11 Sa 225/18), wenn sie mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 30 eine Gleichstellung erfolgreich beantragt haben.

Der Fall: Worum es geht

Ein Arbeitnehmer war mit orthopädischen Beschwerden länger arbeitsunfähig erkrankt, ihm wurde ein GdB von 30 zuerkannt. Per Telefon beantragte er bei der Agentur für Arbeit die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen (nach § 151 Abs. 2 SGB IX). Die Gleichstellung ermöglicht die Inanspruchnahme bestimmter Teilhaberechte, etwa den besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte (nach den §§ 168 und 173 Abs. 3 SGB IX) und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Formloser Antrag auf Gleichstellung am Telefon gilt

Drei Wochen nach dem Antrag auf Gleichstellung kündigte der Arbeitgeber dem länger erkrankten Beschäftigten krankheitsbedingt. Der Arbeitnehmer erhob dagegen Kündigungsschutzklage: Denn er ging davon aus, dass er den Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen geltend machen konnte. Zudem war das Integrationsamt weder angehört worden noch hatte es der Kündigung zugestimmt.

  • Der Kläger verlor sein Verfahren in erster Instanz, war aber in der zweiten Instanz erfolgreich. Begründung des LAG: Für den Antrag auf Gleichstellung genügte das Telefonat mit dem formlosen Antrag auf Gleichstellung.
  • Der Betroffene hatte die Gleichstellung zum Zeitpunkt der Kündigung beantragt, die Arbeitsagentur hatte aber noch nicht darüber entschieden. Was gilt dann? Der Kläger wurde nach der Kündigung rückwirkend gleichgestellt. In einem solchen Fall ist entscheidend, wann der Antrag auf Gleichstellung bei der Arbeitsagentur eingeht. Rechtzeitig ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG: Mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung. Die Voraussetzung war im vorliegenden Fall erfüllt.

Die Autorin Bettina Krämer erläutert im Beitrag in »Gute Arbeit« 1/2020, dass Menschen mit Behinderung und einem GdB ab mindestens 30 möglichst keine Zeit verlieren sollten und umgehend den Antrag auf Gleichstellung bei der Arbeitsagentur einreichen sollten. Sie erläutert die Schritte und das Prozedere der Gleichstellung mit den Rechtsgrundlagen und gibt darüber hinaus wertvolle Praxistipps.

Weitere Informationen

Der vollständige Beitrag in der Zeitschrift »Gute Arbeit« 1/2020 (S. 37-39). Außerdem in der Ausgabe das Titelthema lesen:

»DGB-Index Gute Arbeit – Dem Arbeitsstress entgegenwirken« (S. 8-19) mit diesen Beiträgen:

  • Dr. Rolf Schmucker, Johann Gerdes: »Arbeiten an der Kante« (S. 8-12)
  • Dr. Rolf Schmucker, Johann Gerdes: »Jede/r Fünfte im roten Bereich« (S. 13-15)
  • Moriz-Boje Tiedemann: »StressBarometer – Instrument für Gute Arbeit« (S. 16-19).
  • Zum Krebsrisiko bei Nachtarbeit schreibt Dr. Klaus Heimann – mit Experten-Interview (S. 24-26).

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