Stellenausschreibung für die Mitarbeit in einem »jungen Team« ist diskriminierend

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz – verbietet die Benachteiligung aus Altersgründen. Wer aufgrund eines Verstoßes gegen ein Benachteiligungsverbot des AGG eine Stelle nicht erhalten hat, kann einen Entschädigungsanspruch geltend machen (§ 15 AGG).
Das war der Fall
Ein 61-jähriger Diplomkaufmann, der seit 1996 im SAP-Bereich tätig ist, und über entsprechende Zertifizierungen und Ausbildungen verfügt, bewarb sich auf eine Stelle als »Mitarbeiter SAP-Anwendungsbetreuung (m/w/d)«. Diese war explizit für »Berufseinsteiger« ausgeschrieben und stellte eine »Zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team (...)« in Aussicht.
Das Unternehmen lehnte die Bewerbung des Klägers nach einer Vorauswahl ab. Die Begründung: Andere Bewerber hätten das spezielle andere Anforderungsprofil noch besser erfüllt. Daraufhin vermutete der Kläger eine Altersdiskriminierung und verlangte von dem Unternehmen fristgerecht eine Entschädigung nach dem AGG.
Das sagt das Gericht
Das Arbeitsgericht in erster Instanz gab dieser Klage statt und sprach dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 6710,98 € zu. Diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht in vollem Umfang bestätigt.
Die Formulierung des »jungen, hochmotivierten Teams« sei geeignet, die Vermutung zu begründen, dass der Kläger wegen seines Alters benachteiligt worden sei (§ 22 AGG).
Mit dem Begriff »jung« werde unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige könne aus Sicht eines objektiven Empfängers regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Beschäftigten sucht, der in ein »junges Team« passt - weil er auch »jung« ist.
Daran ändert es auch nichts, dass der Kläger nicht alle relevanten Arbeitszeugnisse vorgelegt und insgesamt nur einen lückenhaften Lebenslauf vorgelegt habe. Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung bestünden allein deswegen noch nicht, ebenso wenig an der grundsätzlichen Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle.
Denn ein Bewerber muss vor Gericht nicht beweisen, dass er eine Stelle aufgrund von Diskriminierung nicht erhalten hat. Es reicht nach § 22 AGG bereits aus, wenn er Indizien vorträgt, die eine solche Benachteiligung vermuten lassen. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass eine Diskriminierung gerade nicht stattgefunden hat. Dazu hätte der Arbeitgeber hier z.B. vortragen müssen, dass er bei der Vorauswahl nach gewissen – nicht diskriminierenden – Regeln vorgegangen ist, an die er sich strikt gehalten hat – etwa, indem er alle Bewerbungen ohne beigelegte Arbeitszeugnisse aussortiert hätte. Das war aber nicht der Fall.
Das bedeutet die Entscheidung für Sie
Ob »jung und dynamisch« oder »jung und hochmotiviert«– auf den genauen Wortlaut kommt es nicht an. Es reicht aus, dass in der Stellenausschreibung der Eindruck erweckt wird, das ältere Bewerberinnen und Bewerber nicht erwünscht sind. In solchen Fällen lohnt es sich, eine Entschädigung nach § 15 AGG zu fordern und ggf. auch einzuklagen. Diese kann – je nach Schwere der Diskriminierung – immerhin bis zu drei Monatsgehälter betragen.
Das LAG Nürnberg bezieht sich in seiner Entscheidung explizit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das hat bereits 2016 entschieden, dass eine Stellenanzeige, welche die Mitarbeit in einem »jungen, dynamischen Team« verspricht, eine Altersdiskriminierung darstellt (19.5 2016 - 8 AZR 470/14).
Zum Geschäftsmodell sollten Bewerber(innen) das aber lieber nicht machen – das sog. »AGG-Hopping«, bei dem Personen sich allein mit dem Ziel der Entschädigung auf vermeintlich diskriminierende Stellenanzeigen bewerben, ist rechtsmissbräuchlich. In solchen Fällen gibt es kein Geld – dafür aber Gerichtskosten.
Von Carolin Thomsen, Juristin und Redakteurin, Bund-Verlag, Frankfurt.
(CT)
Quelle
Aktenzeichen 2 Sa 1/20