Streikrecht bricht Hausrecht

In zwei parallel laufenden Verfahren ging es um die Frage, ob Streikposten der Gewerkschaft ver.di Informationen über den laufenden Streik an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf einem nicht zum eigentlichen Betriebsgelände gehörenden Parkplatz weitergeben darf, den Amazon angemietet hat. Dieser Parkplatz wird aber als Zugang zum Gelände des Logistikzentrums genutzt Das BAG musste klären, ob das schrankenlose Grundrecht aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz (Streikrecht) mit dem Besitzrecht an diesem Parkplatz kollidiere. Zu physischen Zugangsbehinderungen war es nicht gekommen.
Streikposten auf Parkplatz erlaubt
Amazon hat mit der Klage die künftige Unterlassung solcher Aktionen verlangt. Das BAG hat jetzt klargestellt: Die Arbeitgeberin muss eine kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinnehmen. Angesichts der örtlichen Verhältnisse kann die Gewerkschaft nur auf dem Firmenparkplatz vor dem Haupteingang mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern kommunizieren und im Gespräch versuchen, auf Arbeitswillige einzuwirken.
Gewerkschaften begrüßen Entscheidung
DGB und ver.di begrüßen das BAG-Urteil als richtungsweisende Entscheidung zur Rechtsklarheit bei der Durchführung von Streiks, die nicht nur für Arbeitsniederlegungen bei Amazon beachtlich sei. Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, sagte: »Heute ist ein guter Tag für die Beschäftigten und für ihr Grundrecht auf Streik.« Es sei jetzt geklärt, dass das Hausrecht der Arbeitgeber nicht so weit reiche, dass damit das Streikrecht ausgehöhlt werden könne. »Dass vor dem Werkstor gestreikt oder zum Streik aufgerufen wird, ist so alt und selbstverständlich wie das Streikrecht selbst – und wurde bislang von der großen Mehrheit der Unternehmen nicht in Frage gestellt.«
bund-verlag.de (mst)
Quelle
Aktenzeichen 1 AZR 12/17; 1 AZR 189/17