Home Office

Sturz auf privater Kellertreppe ist Arbeitsunfall

18. Dezember 2018
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Quelle: © RioPatuca Images / Foto Dollar Club

Die Arbeit in einem Home Office vermischt Privates und Beruf, weshalb auch in der Privatwohnung ein versicherter Arbeitsunfall passieren kann. So geschehen bei einem Sturz auf der Kellertreppe, als der Arbeitnehmer auf dem Weg zu seinem Home-Office-Arbeitsplatz war. Von Bastian Brackelmann.

Die Klägerin arbeitet als Großkundenbetreuerin im Online-Vertrieb. Der vertraglich festgelegte Arbeitsort der Klägerin ist ihre jeweilige Privatadresse. Im Keller ihres Hauses befinden sich daher drei Arbeitsräume, von denen einer als Büro, die anderen als Lager genutzt werden. Am Tag des Unfalls erhielt die Klägerin auf einer Verkaufsveranstaltung die Anweisung, ihren Chef zu kontaktieren. Sie begab sich daher nach Hause und wollte ihr Büro aufsuchen. Auf dem Weg dorthin rutschte sie auf der Kellertreppe aus und verletzte sich.

Unglück im Privaten oder Arbeitsunfall?

Die Berufsgenossenschaft lehnte es zunächst ab, bei der Klägerin einen Arbeitsunfall anzuerkennen. Dem widersprach jetzt das Bundessozialgericht (BSG). Als die Klägerin gestürzt sei, habe sie sich auf einem Betriebsweg befunden. Zwar sei sie in ihrer Privatwohnung unterwegs gewesen. Jedoch habe sie ihr Büro erreichen wollen und sei nur deswegen die Treppe hinuntergegangen!

Arbeitsunfall – Was ist ein Betriebsweg?

Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Zwischen der konkreten Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls und der versicherten Tätigkeit muss dabei ein sogenannter innerer Zusammenhang bestehen. Hierfür wiederum ist die Handlungstendenz des Versicherten entscheidend: Wollte der Versicherte betriebsdienlich tätig werden, hat er eine auf die versicherte Tätigkeit gerichtete Handlungstendenz.

Ein Beispiel:

Ein Gerüstbauer rutscht beim Verschrauben zweier Gerüstteile Teile ab und bricht sich den Arm. Hier ist das Handeln eindeutig auf die versicherte Tätigkeit, das Gerüstbauen, ausgerichtet. Anders verhält es sich, wenn der Gerüstbauer eine Dame auf einem gegenüberliegenden Balkon beobachtet und dadurch aus Unachtsamkeit stürzt. Denn das Beobachten der Dame dient nicht dem Betrieb des Gerüstbauens. Hier besteht kein Unfallversicherungsschutz.

 

Betriebswege zeichnen sich dadurch aus, dass auf ihnen die eigentliche Tätigkeit, etwa das Gerüstbauen, nicht ausgeübt wird. Den Weg zurückzulegen, dient aber dem Betrieb. Eine Gerüstbauerkolonne, die von einer Baustelle zu anderen fährt, legt einen solchen betriebsweg zurück. Geschieht auf einem Betriebsweg ein Unfall, handelt es sich um einen originären Arbeits-, nicht um einen Wegeunfall.

Betriebsweg in der Wohnung?

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Außentür des Wohngebäudes eines Versicherten die Grenze für Wege- und Arbeitsunfälle. Diese Grenze könne aber im Fall von Arbeit im Home-Office nicht gelten, so das BSG. Daher komme es darauf an, warum ein Versicherter einen Weg in seiner Privatwohnung zurückgelegt habe (Handlungstendenz und innerer Zusammenhang). Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens habe eindeutig beruflich tätig werden und ihren Geschäftsführer anrufen wollen.

Praxistipp für den BR

Damit im Fall eines Unfalls bei der Arbeit zu Hause auch tatsächlich Versicherungsschutz besteht, sollte eine klare Vereinbarung über das Home-Office getroffen werden. Hierzu bietet sich eine Betriebsvereinbarung an, die folgende Kernpunkte regeln sollte:

  • Welcher Arbeitnehmer kann im Hinblick auf sein Aufgabenfeld grundsätzlich vom Home-Office Gebrauch machen?
  • Welcher Anteil der Arbeitszeit darf im Home-Office erbracht werden?
  • Was ist im Hinblick auf Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit zu beachten?
  • Gibt es im Home-Office festgelegte Arbeitszeiten und wie wird die Arbeitszeit erfasst?
  • Hat der Arbeitgeber ein Zutrittsrecht?
  • Kann der Arbeitgeber die Gestaltung/Arbeitsplatzergonomie im Home-Office bestimmen?
  • Wer übernimmt die Kosten für Raummiete und »Wohn- Energie«?
  • Gilt der Weg zwischen Betrieb und Home-Office als Arbeitszeit?

Viele dieser Punkte lassen Gestaltungspielraum. Dass es überhaupt eine Regelung hierzu gibt, ist aber überaus sinnvoll.

Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BSG (28.11.2018)
Aktenzeichen B 2 U 28/17 R
Diese Entscheidungsbesprechung erhalten Sie als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 19.12.2018.
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