Gleichstellung

Universität muss nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte suchen

06. März 2023
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Quelle: Pixabay.com | Bild von Wolfgang Eckert

Ein sich als "non-binär" bezeichnender Bewerber hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er für das Amt einer Gleichstellungsbeauftragten abgelehnt wurde. Die Hochschule durfte die Ausschreibung auf Frauen beschränken, weil das Geschlecht in diesem Fall eine entscheidende berufliche Anforderung darstellt, so das Landesarbeitsgericht Niedersachsen.

Darum geht es

Der Kläger verlangt eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) da er wegen seines Geschlechts zu Unrecht benachteiligt worden sei. Die Beklagte ist eine Hochschule in Niedersachsen und schrieb eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte aus.

Das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) sieht für die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten eine Frau vor. Der Kläger – der sich als keinem Geschlecht zugehörig ansieht – bewarb sich hierauf und beschrieb sich in seiner Bewerbung als nicht-binäre Person.

Er wurde von der Hochschule für die Stellenbesetzung nicht berücksichtigt. Die Hochschule sah sich durch § 42 NHG schon formell an der Einstellung einer nicht weiblichen Bewerberin gehindert. Das Arbeitsgericht Braunschweig hatte seine Entschädigungsklage abgewiesen.

Das sagt das Gericht

Die Berufung des Klägers blieb auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) erfolglos.Der Kläger wurde gegenüber weiblichen Bewerberinnen ungleich behandelt, allerdings war die Ungleichbehandlung zulässig (§ 8 Abs. 1 AGG), entschied die 16. Kammer des LAG.

Geschlechterbeschränkung nach Landesgesetz ist nicht hinreichend

Die Ablehnen der Bewerbung des Klägers  sei aber nicht schon deshalb zulässig, weil § 42 NHG die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau gebietet. Diese gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht sei ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts u.a. die Vorgaben nach § 8 AGG inhaltlich erfüllt seien.

Danach se eine unterschiedliche Behandlung u.a. wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist (§ 8 Abs. 1 AGG).

Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG eine »wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung« bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unternehmenskonzept richtet.

Weibliches Geschlecht für vertrauliche Beratungen erforderlich

Dies sei im vorliegenden Fall nach dem Stellen- und Aufgabenzuschnitt einer Gleichstellungsbeauftragten bei der beklagten Hochschule zu bejahen. Für einen Teil der ihr obliegenden Tätigkeiten sei das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung. Zwar könne  ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln.

Das gelte aber nach der Stellenanzeige der Beklagten nicht für einen nicht nur unerheblichen Teil der Aufgaben. Nach der Stellenanzeige der Beklagten und dem beschriebenen Aufgabenbereich berät die Gleichstellungsbeauftragte u.a. Hochschulangehörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung etc.. Die Gleichstellungsbeauftragte dient danach insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt.

Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört, wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden. Vor diesem Hintergrund konnte die Hochschule den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten im Ergebnis auf Frauen beschränken.

Die Revision gegen das Urteil hat die Kammer nicht zugelassen.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LAG Niedersachsen (24.02.2023)
Aktenzeichen 16 Sa 671/22
LAG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 28.2.2023
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