Sonderkündigungsschutz

Unterlassene Autowäsche ist kein Kündigungsgrund

29. Oktober 2020
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Quelle: Pixabay | Bild von NoobInNature NIN

Ein Betriebsratsmitglied genießt auch nach Ende seiner Amtszeit für ein Jahr einen umfassenden nachwirkenden Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann eine frühere Betriebsrätin daher nicht kündigen, weil er eine nur aus ihrer Person bestehende Abteilung schließen will oder weil sie einen Dienstwagen nicht gereinigt zurückgegeben hat - so das LAG Köln.

Arbeitgeber versuchen häufig mit allen Mitteln, Betriebsratsmitglieder loszuwerden. Da es über die ordentliche Kündigung wegen des Sonderkündigungsschutzes nicht geht, suchen sie Wege, wie sie außerordentlich kündigen können. Doch so leicht geht es nicht.

Das war der Fall

In einem größeren Betrieb ist eine Arbeitnehmerin im Bereich Auftragsdisposition tätig. Sie arbeitet selbständig als »eigene Abteilung«, ist dabei aber mit vielen Abteilungen im Austausch. Ihr steht ein Dienstwagen zu, den sie privat nutzen darf. Von 2014 bis 2018 ist sie zudem Betriebsratsmitglied.

Der Arbeitgeber kündigt ihr in 2018 und 2019 mehrfach ordentlich. Er verlangt den Dienstwagen gereinigt und in verkehrstüchtigem Zustand zurück. Die Kündigungen werden vor Gericht für unwirksam erklärt. Daraufhin kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, außerdem spricht er eine außerordentliche Kündigung aus und begründete diese damit, der Dienstwagen sei verschmutzt und fahruntauglich zurückgegeben worden. 

Dagegen wendet sich die Arbeitnehmerin vor dem LAG.

Das sagt das Gericht

Die Arbeitnehmerin bekommt in allen Punkten Recht.

Rückgabe eines dreckigen Dienstwagens kein Kündigungsgrund

Allein die Rückgabe eines verschmutztes Dienstfahrzeug stellt keinen Grund für eine fristlose oder außerordentliche Kündigung dar. Zudem hätte die Beschäftigte – nachdem die ordentlichen Kündigungen unwirksam waren und damit ihr Arbeitsverhältnis weiter bestand – den Dienstwagen überhaupt nicht zurückgeben müssen. Zwar hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin vor Gericht über die Rückgabe geeinigt. Der Umfang der Reinigung wurde allerdings nicht besprochen. Das Gericht jedenfalls kommt zu dem Schluss, dass eine Intensiv-Reinigung (Trockeneis, Ozon, Lederreinigung etc.) sicher nicht gemeint war. Daher ist eine außerordentliche Kündigung in jedem Fall unverhältnismäßig.

Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied

Die Arbeitnehmerin als ehemaliges Betriebsratsmitglied genießt auch weiterhin den Sonderkündigungsschutz (§ 15 Kündigungsschutzgesetz). Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn eine Abteilung komplett stillgelegt wird. Die Arbeitnehmerin führt ihre Tätigkeit auch nicht im echten Sinne als Ein-Mann-Abteilung aus, da sie abteilungsübergreifend für mehrere Bereiche zuständig ist. Von einer Betriebsstilllegung kann folglich nicht ausgegangen werden. Der Arbeitgeber hätte also zunächst prüfen müssen, ob er die Beschäftigte woanders unterbringen kann.

Arbeitgeber trägt Tankkosten

Weiter wurde entschieden, dass die Arbeitgeberin die Tankkosten der Klägerin zu übernehmen hatte. Ihr war dafür eine Tankkarte überlassen worden, die nicht verlängert wurde. Eine Arbeitgeberin ist verpflichtet, einer Arbeitnehmerin die Kosten für die Betankung des Dienstfahrzeugs, der auch zur privaten Nutzung überlassen ist, im Wege des Aufwendungsersatzes nach § 670 BGB zu erstatten, jedenfalls wenn ihr die Tankbelege im Original vorliegen. Auf die dienstliche oder private Veranlassung der Fahrten kommt es nicht an.

Das muss der Betriebsrat wissen

Betriebsratsmitglieder genießen während ihrer Amtszeit und ein Jahr danach Sonderkündigungsschutz (§ 15 KSchG). Nur außerordentliche Kündigungen sind ausnahmsweise möglich. Dafür müssen allerdings gravierende Gründe vorliegen.

Ist ein Betriebsratsmitglied in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, ist der besondere Kündigungsschutz ebenfalls eingeschränkt. In einem solchen Fall kann eine ordentliche Kündigung nach § 15 Abs. 5 KSchG zulässig sein.

Dies gilt allerdings nur dann, wenn das Betriebsratsmitglied nicht in eine andere Abteilung übernommen werden kann. Der Arbeitgeber ist in der Beweislast, was – wie hier – außerordentlich schwierig ist.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Köln (07.08.2020)
Aktenzeichen 4 Sa 122/20
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