Schwerbehindertenvertretung

SBV-Amtszeit endet mit Unterschreiten des Schwellenwerts

03. November 2021
Halma Figuren zehn fünf jeder fünfte
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Gaby Stein

Betriebe oder Dienststellen können eine Schwerbehindertenvertretung (SBV) wählen, wenn dort mindestens fünf schwerbehinderte Menschen oder ihnen Gleichgestellte beschäftigt sind (§ 177 Abs. 1 SGB IX). Das Amt der SBV endet, wenn diese Zahl im Laufe der Amtszeit unterschritten wird - so das Landesarbeitsgericht Köln.

Darum geht es

Die Beteiligten stritten um die Fortdauer der Amtszeit der SBV, nachdem die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten in ihrem Betrieb unter die Zahl von fünf abgesunken war: Bei der Wahl der SBV am 13.11.2019 waren in dem Betrieb fünf Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte beschäftigt. Zum 01.08.2020 sank diese Zahl auf vier ab.

Die Arbeitgeberin hatte die Auffassung vertreten, die Amtszeit der örtlichen SBV in diesem Betrieb sei deshalb beendet. Die verbleibenden schwerbehinderten Beschäfigten im Betrieb solltne durch die SBV eines anderen Betriebs des gleichen Arbeitgebers weiter betreut werden.

Die örtliche SBV beantragte beim Arbeitsgericht festzustellen, dass ihre Amtszeit nicht wegen des Herabsinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter am 01.08.2020 beendet ist.

Das sagt das Gericht

Schon das Arbeitsgericht (ArbG) Köln hat diesen Antrag zurückgewiesen: Der Grundsatz im Betriebsverfassungsrecht, dass bei Absinken der wahlberechtigten Beschäftigtenzahl unter fünf die Amtszeit des Betriebsrats endet, sei auf die SBV übertragbar - so das ArbG. Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde der örtlichen SBV zurück.

Das LAG führte zur Begründung aus, dem Wortlaut von § 177 Abs. 1 SGB IX lasse sich nicht entnehmen, dass es für die erforderliche Anzahl an schwerbehinderten Beschäftigten nur auf den Zeitpunkt der Wahl ankommen soll. Den Hinweis auf den Unterschied, dass Beschäftigte ja nicht verpflichtet sind, eine Anerkennung als schwerbehinderter Mensch oder gleichgestellter Beschäftigter zu offenbaren, wollte das LAG nicht gelten lassen.

Die Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes sprächen für eine Übertragung des im Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatzes, wonach bei einem Absinken der Mitarbeiterzahl unter den Schwellenwert die Amtszeit endet, auf die Schwerbehindertenvertretung. Im Hinblick auf die Beteiligungsrechte beider Gremien sei ein Gleichlauf geboten.

Diese Entscheidung hat das BAG am 19.10.2022 aufgehoben.

Hinweis für die Praxis

Zum Zeitpunkt der LAG-Entscheidung war die Frage nach der Amtszeit der SBV noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das ist inzwischen geschehen, das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben, die Anträge der Arbeitgeberin abgewiesen und entschieden, dass das Amt der SBV nicht vor der Zeit erlischt, wenn die im Laufe der Amtszeit die Zahl der schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten unter fünf sinkt (BAG, 19.10.2022 - 7 ABR 27/21). 

© bund-verlag.de (ck) (Meldung aktualisiert 20.10.2022)

Quelle

(31.08.2021)
Aktenzeichen 4 TaBV 19/21
LAG Köln, Pressemitteilung vom 02.11.2021
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