Kündigung

Unwiderrufliche Freistellung kostet den Urlaub

04. Dezember 2019
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Quelle: © Sailorr / Foto Dollar Club

Der Urlaub gilt als gewährt und bezahlt, wenn der Arbeitnehmer kündigt und sein Arbeitgeber ihn unwiderruflich und »unter Anrechnung des Urlaubs« von der Arbeit freistellt. Ein Abgeltungsanspruch entsteht in diesem Fall nicht mehr.Von Margit Körlings.

Darum geht es:

Die Arbeitnehmerin war als Altenpflegerin beschäftigt. Sie hat ihr Arbeitsverhältnis zum 31.5.2017 selbst gekündigt. Der Arbeitgeber teilte ihr am 2.5. schriftlich mit, sie »unter Anrechnung ihrer Überstunden und Urlaubsansprüche« unwiderruflich freizustellen. Den Saldo ihrer Überstunden wollte der Arbeitgeber mit dem Mai-Gehalt verrechnen.

Die Arbeitnehmerin verlangte noch die Abgeltung von zehn Urlaubstagen für 2017. Der Arbeitgeber lehnt ab und beruft sich darauf, dass er den Urlaubsanspruch durch die Freistellung erfüllt hat. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht (LAG) wiesen ihre Klage auf Urlaubsabgeltung ab (LAG Schleswig-Holstein 15.2.2018 - 5 Sa 425/17).

Das sagt das BAG:

Die Arbeitnehmerin hatte hier deshalb keinen Abgeltungsanspruch, weil der Arbeitgeber sie unwiderruflich freigestellt und damit den Urlaubsanspruch erfüllt hat (§ 362 BGB). Nur wenn sich der Arbeitgeber die Möglichkeit vorbehalten hätte, die Arbeitnehmerin noch einmal einzusetzen, wäre der Urlaubsanspruch nicht erfüllt gewesen.

Der Arbeitgeber hat hier eine unwiderrufliche Freistellung ausgesprochen und dabei den Urlaubsanspruch einbezogen. Die Klägerin konnte erkennen, dass der Arbeitgeber sie gerade zum Zwecke der Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Erbringung der Arbeitspflicht freistellen wollte. Damit hat auch deutlich die Absicht der Bezahlung kundgetan.

Gewährt der Arbeitgeber Urlaub, setzt dies voraus, dass der Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt erhält. Dies ergibt sich auch aus § 11 Absatz 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Auch wenn das Gesetz bestimmt, dass das Urlaubsentgelt vor Antritt des Urlaubes zu zahlen ist, wird dieser Grundsatz in der Praxis regelmäßig missachtet: Der Arbeitgeber zahlt das Gehalt für Monate mit Ferientagen meist wie üblich zum Monatsende.

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber auch festlegen, für welche Tage er den Urlaub gewährt. Dies war hier ausnahmsweise entbehrlich, da die Freistellung unwiderruflich war. Insoweit ist es dem Arbeitnehmer überlassen, die zeitliche Lage des Urlaubes innerhalb des Freistellungszeitraumes festzulegen.

Hinweis für die Praxis

Gesetzlicher Urlaub ist immer bezahlt

Der Urlaubsanspruch nach § 1 BurlG garantiert, dass jedem Arbeitnehmer im Kalenderjahr nicht nur Urlaub, sondern auch bezahlter Urlaub zusteht. Diese Regelung entspricht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, wonach der das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubes weiter zu gewähren ist.

Dies soll sicherstellen, werden, dass der Arbeitnehmer im regelmäßigen Rhythmus eine Zeit zur Erholung erhält, ohne in dieser Zeit für seinen Lebensunterhalt arbeiten zu müssen. Daher ist der Freistellungsanspruch an die Urlaubsvergütung geknüpft. Dies gilt unabhängig davon, ob das Arbeitsergebnis gekündigt ist oder ungekündigt fortbesteht.

Übertragungszeitraum und Warnpflicht

Im BUrlG ist ein Übertragungszeitraum bis zum 31. März des Folgejahres festgelegt (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die das Bundesarbeitsgericht (BAG) umgesetzt hat, verfallen selbst Urlaubsansprüche, die wegen Krankheit nicht genommen werden konnten, grundsätzlich nicht.

Erst wenn ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten überschritten ist, ist dies der Fall. Dabei geht man davon aus, dass das Kalenderjahr das Urlaubsjahr ist. Als Faustregel kann gelten: Für die vom EuGH gebilligte Frist lassen sich ab dem 31.12. des Urlaubsjahres 15 Monate hinzuzählen, nach denen der Verlust der Ansprüche eintritt.

Allerdings muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten rechtzeitig vor dem Verfall seiner Urlaubstage warnen. Selbst wenn die Übertragungsfrist abläuft, kann der nicht genommene Urlaub nur verfallen, wenn der Arbeitgeber dem Beschäftigten durch seinen Hinweis ermöglicht hat, seinen bezahlten Urlaub rechtzeitig zu nehmen – sonst behält dieser einen Ersatzanspruch für verfallene Urlaubstage (BAG 19.2.2019 – 9 AZR 541/15).

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (20.08.2019)
Aktenzeichen 9 AZR 468/18
Sie erhalten diese Entscheidungsbesprechung als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 4.12.2019.
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