Urlaubsabgeltung kann durch Vergleich wegfallen

Das war der Fall
Die Parteien haben sich mit Prozessvergleich vom 03.07.2020 und nach Verstreichen der Widerrufsfrist darauf verständigt, dass ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2020 geendet hat. Mit dem Vergleich haben festgelegt, dass eine Corona-Prämie gezahlt wird (Ziffer 3), dass eine Abfindung gezahlt wird (Ziffer 6), dass der Monat Juni auf Basis eines Bruttomonatsgehaltes von 3200 Euro abgerechnet und der sich daraus ergebende Betrag an den Kläger gezahlt wird (Ziffer 4), und dass mit Erfüllung alle gegenseitigen Ansprüche erledigt sind (Ziffer 7). Der ausscheidende Mitarbeiter war der Auffassung, dass sein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht unter diese Regelung falle.
Das sagt das Gericht
Der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch nach §§ 1, 5 Abs. 1 c), 7 Abs. 4, 11 BUrlG ist gemäß Ziffer 7. des geschlossenen Vergleichs erloschen.
Ausgleichsklauseln in einem das Arbeitsverhältnis beendenden gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich oder in einem Aufhebungsvertrag sind im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. Ihr Zweck ist es, das Arbeitsverhältnis abschließend zu bereinigen und alle Ansprüche zu erledigen. Wichtig: Laut LAG ist es gleichgültig, ob sie an diese dachten oder nicht. Daher hat der geschlossene Vergleich alle Ansprüche erledigt, die nicht ausdrücklich von der Ausgleichsklausel ausgenommen waren, darunter auch den Urlaubsabgeltungsanspruch, mit dem der Arbeitnehmer eine Zahlung für nicht genommenen Urlaub hätte verlangen können. Der nicht im Wortlaut des Vergleiches erwähnte Urlaubsabgeltungsanspruch könne nicht in die geschuldete ordnungsgemäße Abrechnung des Bruttomonatsgehalts für den letzten Arbeitsmonat hineininterpretiert werden. Hierfür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Ein Bruttomonatsgehalt ist eindeutig das Gehalt für den angesprochenen Monat und beruht auf § 612 BGB. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch ist ein völlig anderer Streitgegenstand und beruht auf § 7 Abs. 4 BUrlG. Er ist kein Verdienst im Sinne des § 612 BGB.
Das muss der Betriebsrat wissen
Wichtig für die Beratungspraxis, zum Beispiel mit Blick auf Aufhebungsverträge, in denen auch regelmäßig Ausgleichsklauseln aufgenommen sind, ist das Wissen um die Wirkung dieser Klauseln: Sie können alle Ansprüche vernichten. Daher ist hier höchste Vorsicht gefragt, damit Beschäftigte nicht auf mehr verzichten als nötig.
Das LAG stellt zudem klar, dass sein Auslegungsergebnis nicht zu einem Verstoß gegen die Urteile des EuGH vom 06.11.2018, Az.: C 619/16 und Az.: C 684/16 führt. Diese Entscheidungen seien hier nicht einschlägig und führten nicht dazu, dass der im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits verklagte Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor wirksamer Vereinbarung einer Ausgleichsklausel dessen potentielle Forderungen auflisten müsse.
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Quelle
Aktenzeichen 3 Sa 82/21