Arbeitszeit

Vergütung von Umkleide- und Wegezeiten

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Schreibt der Arbeitgeber das Tragen von Dienstkleidung vor, muss er die Zeit für das Umziehen vor und nach der Arbeit bezahlen. Beschäftigte müssen auffällige Dienstkleidung nicht schon zu Hause anlegen. Einzelheiten sind in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Von Jens Pfanne.

In einem Krankenhaus gehört besondere Dienstkleidung zum alltäglichen Erscheinungsbild der dort beschäftigten Arztinnen und Ärzte genauso wie des Pflegepersonals. Dementsprechend sah eine mit dem Betriebsrat geschlossene Dienstvereinbarung vor, dass die Beschäftigten die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Dienstkleidung während des Dienstes zu tragen haben.

Vor und nach jeder Schicht ziehen sich die Arbeitnehmer daher um. Die private Kleidung bleibt in den persönlichen Schränken. Darüber hinaus schreibt eine »Arbeitsanweisung Händehygiene« vor, dass die Hände jeweils mindestens 30 Sekunden desinfiziert werden müssen. Der Arbeitgeber zahlt für die Zeiten des Umziehens keinen Lohn.

Der klagende Krankenpfleger wollte sich den Aufwand für das tägliche Wechseln der Kleidung im Krankenhaus und die Wege zwischen Ausgabestelle, Umkleideraum und Station bezahlen lassen. Schließlich befolge er damit einer eindeutigen Dienstanweisung des Arbeitgebers.

Der Krankenhausbetreiber sieht das anders. Schließlich könne der Pfleger seine Dienstkleidung auch schon zu Hause anziehen und damit direkt zum Arbeitsplatz fahren.

Umziehen muss bezahlt werden

Nachdem der Arbeitnehmer vor Gericht zunächst keinen Erfolg verbuchen konnte, hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung um Arbeitszeit handelt und diese daher auch bezahlt werden muss.

Es ist dem Beschäftigten nicht zumutbar, sich schon vor der Arbeit zu Hause die Dienstkleidung anzuziehen und so zur Arbeit zu erscheinen. Vor und nach Dienstschluss hat der Pfleger kein Interesse daran, dass er in der Öffentlichkeit seinen ausgeübten Beruf preisgibt. Durch die auffällig weißen Hemden und Hosen liegt eine Verknüpfung zur Gesundheitsbranche offensichtlich nahe.

Auch schreibt der Arbeitgeber konkret vor, welche Kleidungsstücke am Arbeitsplatz zwingend zu tragen sind. Die Mitarbeiter des Pflegepersonals sollen von Patienten und Besuchern eindeutig erkannt werden. Die Beschäftigten haben daher einen Anspruch auf Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten.

Tipps für Praxis:

Die Frage, ob Arbeitgeber verpflichtet sind, die Zeiten für das An- und Ablegen von Dienstkleidung zu vergüten, wurde schon mehrfach vor Gericht verhandelt. Die Fälle kamen beispielsweise aus Schlachtbetrieben, dem öffentlichen Personennahverkehr oder aus der Heil- und Pflegebranche.

Gleich ist in diesen Fällen, dass die Arbeitgeber von den Beschäftigten verlangen, einheitliche Kleidung auf der Arbeit zu tragen. Dies kann aus hygienischen Gründen oder zur Sicherheit verlangt werden. Andererseits möchte der Arbeitgeber dadurch die Identität seines Unternehmens in die Öffentlichkeit tragen.

Sobald das Umziehen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers geschieht, hat er die dafür aufgebrachte Zeit zu bezahlen. Dies gilt vor allem bei sehr auffälliger Dienstkleidung. Im Ergebnis kommt es allerdings in jedem Einzelfall auf die Gesamtumstände an.

Mitbestimmung bei Umkleidezeit

Der Betriebsrat hat ein Recht zur Mitbestimmung bei Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Der Zweck besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit ihrer freien für die Gestaltung des privaten Lebens nutzbaren Zeit zur Geltung zu bringen. Schreibt der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vor, so kann die Zeit zum Umziehen nicht per se der privaten Freizeit zugeordnet werden. Es handelt sich hierbei um Arbeitszeit, die mit Umkleiden beginnt.

Die Regelungen zum Tragen von Dienstkleidung sollten daher in einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber verhandelt werden. Neben der Bereitstellung von Umkleidemöglichkeiten spielt insbesondere die Vergütungspflicht eine Rolle. Da nach der Rechtsprechung die Auffälligkeit einer Dienstkleidung vom Einzelfall abhängt, ist es sinnvoll hier klar den Aufwand zum Umziehen als Arbeitszeit zu definieren.

Kommen die Verhandlungen also nicht zu einem Ergebnis besteht für den Betriebsrat die Möglichkeit, die Einigungsstelle anzurufen und seine erzwingbaren Mitbestimmungerechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG dort einzufordern.

Jens Pfanne, DGB-Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (06.09.2017)
Aktenzeichen 5 AZR 382/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat 4/2018 vom 7.3.2018.
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