Einstellung

Vorbeschäftigung vereitelt Befristung

17. Juni 2020
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Quelle: © womue / Foto Dollar Club

Eine befristete Einstellung ohne Sachgrund ist nicht zulässig, wenn der Arbeitnehmer vorher schon im Betrieb beschäftigt war. Auch eine 15 Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung reicht aus. Die befristet eingestellte Arbeitnehmerin kann unbefristet bleiben – so das LAG Baden-Württemberg.

Das Befristungsrecht zählt zu den »Dauerbrennern« des Arbeitsrechts. Sachgrundlosen Befristungen steht häufig das Vorbeschäftigungsverbot (§ 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) entgegen. Danach ist eine Befristung nicht zulässig, wenn vorher mit demselben Arbeitgeber bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Vorbeschäftigungsverbot).

Das war der Fall

Es geht um eine Arbeitnehmerin in einem Autozulieferer-Betrieb. Dort war sie bereits zuvor von April 1999 bis Juli 2000 beschäftigt. Im Jahr 2014 bewarb sie sich erneut. Im Personalfragebogen gab sie ihre Vorbeschäftigung durchaus ehrlich zu, im Lebenslauf kam sie allerdings nicht vor.

Die Arbeitnehmerin wurde befristet eingestellt, zunächst von Ende 2014 bis Ende April 2015. Im Arbeitsvertrag hatte sie in einer Klausel unterschrieben, dass sie bislang bei dem Betrieb weder in einem befristeten noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gewesen sei. Ihr Arbeitsverhältnis wurde mehrfach verlängert – immer durch neue befristete Verträge ohne Sachgrund.

Nach Ablauf des letzten Vertrags klagt die Arbeitnehmerin auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (sog. Entfristungsklage). Der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis wegen der Vorbeschäftigung gar nicht sachgrundlos befristen können. Der Arbeitgeber hingegen macht geltend, die Arbeitnehmerin habe mit dem Unterzeichnen des Arbeitsvertrags eine falsche Erklärung hinsichtlich der Vorbeschäftigung abgegeben. Sie habe ihre Vorbeschäftigung damit explizit verschwiegen.

Das sagt das Gericht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab der Klage statt. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmerin unbefristet weiter beschäftigen. Eine sachgrundlose Befristung ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG unzulässig, wenn vorher ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Vorbeschäftigungsverbot).

Grundsätzlich sind aufgrund des hier für die Arbeitnehmerin einschlägigen Tarifvertrags mehrfache Befristungen möglich. Der Tarifvertrag erlaubt sogar Befristungen für bis zu sechs Jahren – mit maximal neun Verlängerungen und geht damit deutlich über das hinaus, was das TzBfG an Befristungen zulässt.

Vorbeschäftigung liegt nicht zu lange zurück

Allerdings – so das LAG - war hier die Befristung  wegen des Vorbeschäftigungsverbots von vornherein gar nicht zulässig. Auch ein über 15 Jahre zurück liegendes Arbeitsverhältnis liege nicht »zu langeֿ« zurück. Auch das Bundesarbeitsgericht habe in einem Urteil von April 2019 bereits einen Zeitraum von 15 Jahren als »nicht sehr lang« bewertet.

Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam

Der Arbeitgeber kann sich hier nicht auf die Klausel im Arbeitsvertrag Klausel berufen, in der die Arbeitnehmerin bestätigt, sie sei noch nicht im Unternehmen beschäftigt gewesen. Eine  solche Klausel nämlich ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unwirksam. Denn mit der vertraglichen Bestätigung bestimmter Tatsachen soll die Beweislast – zum Nachteil der Arbeitnehmerin – geändert werden. Das ist unzulässig. Daher ist die gesamte Klausel unwirksam und kann der Arbeitnehmerin nicht vorgehalten werden.

Arbeitgeber hätte von Vorbeschäftigung Kenntnis erlangen können

Der Arbeitgeber hätte zudem nachforschen und dann feststellen können, dass die Arbeitnehmerin schon bei ihm beschäftigt gewesen sei. Dass sie die Beschäftigung im Lebenslauf verschwiegen habe, sei – so die Richter – unschön. Es sei aber keine positive Falschauskunft, zumal sie nach den Angaben der Arbeitnehmerin im Einstellungsbogen durch Nachfrage oder Nachforschen noch hätte behoben werden können.

Das muss der Betriebsrat wissen

Der Fall geht vor das BAG. Es wird spannend, wie das oberste Gericht den Zeitraum von 15 Jahren bewertet. Denn nur, wenn der Zeitraum »sehr lange« zurückliegt, kann spielt die Vorbeschäftigung keine Rolle mehr und der Arbeitnehmer kann erneut befristet eingestellt werden. Sonst eben nur unbefristet – wie hier. Das BAG hat zuletzt einen Zeitraum von acht und auch 15 Jahren für nicht »sehr lang« angesehen (7 AZR 7333/16, 7 AZR 323/17) einen Zeitraum von 22 Jahren aber für lang genug (7 AZR 452/17), um erneut eine sachgrundlose Befristung möglich zu machen.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Baden-Württemberg (11.03.2020)
Aktenzeichen 4 Sa 44/19
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