Wann der Lohn trotz Quarantäne zu zahlen ist

Das war der Fall
In der Hochphase der Corona-Pandemie stellt ein Arbeitgeber aus dem Lebensmittelhandel für den gesamten Betrieb ein Hygienekonzept auf, das im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung entwickelt und permanent aktualisiert wurde. Rückkehrer aus Risikogebieten mussten sich in eine 14-tägige Quarantäne begeben. Während der Quarantäne sollten die Lohnfortzahlungsansprüche entfallen. So teilte es der Arbeitgeber der Belegschaft mit. Von Reisen ins Ausland wurde abgeraten.
Ein Beschäftigter, der aus der Türkei (Risikogebiet) zurückkam und laut mehrerer Tests nicht infiziert war, wollte seine Arbeit – trotz der Quarantäne - aufnehmen. Er wurde abgewiesen. Der Arbeitgeber kürzte das Gehalt entsprechend.
Das sagt das Gericht
Der Beschäftigte muss sein Gehalt weiter bekommen. Der Vergütungsklage ist stattzugeben. Der Beschäftigte hat seine Arbeit angeboten, damit ist der Arbeitgeber in den sogenannten Annahmeverzug geraten.
Der Beschäftigte hat seine Arbeitsleistungen am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der richtigen Art und Weise angeboten. Dem steht das Hygienekonzept nicht entgegen. Der Beschäftigte war nicht nur tatsächlich in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen, sondern auch rechtlich.
Gesetzliche Quarantäne kann Folgen für Vergütung haben
Eine rechtliche Unmöglichkeit hätte nur im Fall einer gesetzlich angeordneten Quarantäne bestanden. Der Arbeitgeber war nicht befugt, einseitig den Verlust des Entgeltanspruchs im Fall einer Quarantäne zu regeln. Dies ist vom Direktionsrecht nicht gedeckt.
Der Arbeitgeber kann zwar zum Schutz einer Pandemie weitreichende Regelungen – Maskenpflicht, Hygienregeln – bis hin zum Betretungsverbot regeln. Über die Vergütungsregeln allerdings kann er nicht befinden.
Das muss der Betriebs- oder Personalrat wissen
Anders als bei der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bzw. einer Testung auf das Corona-Virus (vgl. LAG München, Urteil vom 26.10.2021 – 9 Sa 332/21 sowie des LAG Hamburg, Urteil vom 13.10.2021 – 7 Sa 23/21), wo der Vergütungsanspruch allein deswegen verlorenging, weil die jeweiligen Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht vertragsgemäß erbringen wollten und deswegen leistungsunwillig waren, regelt der Arbeitgeber hier nicht den Inhalt der Arbeitsleistung, sondern einseitig einen Verlust des Entgeltanspruchs. Dies ist vom Direktionsrecht nicht gedeckt.
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Quelle
Aktenzeichen 4 Sa 644/21