Betriebsratsarbeit

Warum der Arbeitgeber Kosten nicht verrechnen darf

01. Dezember 2022 Benachteiligung
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Quelle: © Sailorr / Foto Dollar Club

Der Arbeitgeber darf Betriebsratskosten, die im Sinne des BetrVG nicht erforderlich waren, nicht so ohne weiteres mit dem Gehalt eines Betriebsratsmitglieds verrechnen. Ein solches Vorgehen würde eine unzulässige Benachteiligung darstellen. So das LAG Niedersachsen.

Immer wieder geht es vor den Gerichten um die Erstattung der Betriebsratskosten. Hier liegt ein Spezialfall vor.

Das war der Fall

Ein Betriebsratsmitglied nimmt an mehreren Spezialschulungen zum Arbeits- und Datenschutzrecht teil. Der Arbeitgeber hatte die Genehmigung für den Besuch der Schulungen verweigert, der Betriebsrat hatte trotz Verweigerung allerdings erneut einen Beschluss über die Entsendung des Betriebsrats gefasst. Das Betriebsratsmitglied beauftragt einen Rechtsanwalt, weil es der Meinung ist, diesen benötige es als rechtlichen Beistand, obwohl der Arbeitgeber keinen Widerstand mehr erkennen lässt.

Es geht nun um die entstandenen Anwaltskosten, die der Arbeitgeber zwar vorstreckt. Allerdings verrechnet er die Kosten mit dem Lohn des Betriebsratsmitglieds, da die Anwaltskosten nicht »erforderlich« gewesen seien. Er sieht daher keine Erstattungspflicht.

Das sagt das Gericht

Der Arbeitgeber durfte keinen Lohn einbehalten. Er muss diesen an das Betriebsratsmitglied auszahlen.

Zwar war die Beauftragung des Rechtsanwalts nach § 40 Abs. 1 BetrVG nicht erforderlich. Einen echten Rechtsstreit gab es nicht. Allerdings kann der Arbeitgeber die Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag zurückfordern.

Einer Verrechnung steht vor allem der § 78 S. 2 BetrVG entgegen, denn eine solche würde eine Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds gegenüber einem anderen Mitarbeiter darstellen, was nach § 78 S. 2 BetrVG untersagt ist. Da es sich hierbei um Kosten der Betriebsratstätigkeit handelt, wäre dieser sonst schlechter gestellt als ein anderer Arbeitnehmer, der nicht im Betriebsrat ist.

Bedeutung für die Praxis

Betriebsratsmitglieder müssen also nicht befürchten, dass der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratsarbeit, die sich später als nicht »erforderlich« herausstellen, vom Lohn abzieht und damit durchkommt. Denn – und das ist ein wichtiger Kniff – es handelt sich dann um eine Benachteiligung. Eine solche i.S.v. § 78 BetrVG liegt bereits dann vor, wenn eine Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern gegeben ist, die nicht aus sachlichen oder in der Person des Betroffenen liegenden Gründen, sondern wegen ihrer Tätigkeit innerhalb der Betriebsverfassung erfolgt.

Anders allerdings – und ungünstiger für das Betriebsratsmitglied – wäre es, wenn der Arbeitgeber die Kostenübernahme für »nicht erforderliche« Anwaltskosten von vornherein gegenüber dem Anwalt verweigert hätte. Dann hätte der sich ggf. mit dem Betriebsratsmitglied auseinandergesetzt.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Niedersachsen (30.08.2022)
Aktenzeichen 9 Sa 945/21
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