Corona

Was tun bei Post-Covid?

14. Juli 2022 Post-Covid, Corona
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Quelle: nikolayshubin_Dollarphotoclub

Viele Beschäftigte leiden trotz überstandener Corona-Infektion weiterhin an den Folgeerkrankungen. Wie Betriebsräte und Schwerbehindertenvertreter hier unterstützen können, erfahrt Ihr im Interview mit unserer Expertin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Sabrina Burkart in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 7-8/2022.

Rund 15 % aller Covid Patienten leiden am Post-Covid-Syndrom (PCS). Das bedeutet, dass bei vielen Beschäftigten nach überstandener Covid-Infektion weitere Symptome wie z. B. Atembeschwerden, Leistungseinschränkungen, Abgeschlagenheit und starke Müdigkeit trotz ausreichender Regeneration sog. Fatigue Syndrom, Depression und Kopfschmerzen auftreten. Ärzte haben mittlerweile 200 unterschiedliche Erscheinungsformen von PCS ausgemacht, die wellenförmig auftreten. Oft sind die Betroffenen nicht mehr in der Lage, ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Was das für das berufliche Leben bedeutet und wie die rechtlichen Möglichkeiten aussehen, klären wir in diesem Interview.

Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass ich nach spätestens 3 Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vom Arzt beibringe. Bekomme ich die auch bei PCS?

Das kommt darauf an, ob der behandelnde Arzt von einer Arbeitsunfähigkeit ausgeht. Nicht jede Erkrankung und nicht jedes Symptom führt bei jedem Beruf gleichermaßen zu einer AU. Aufgrund der mannigfaltigen Ausprägungen des PCS lässt sich keine pauschale Aussage darüber treffen, ob es eine AU darstellt, oder nicht. Für eine solche Beurteilung kommt es auf die konkrete Ausprägung des PCS sowie die konkrete arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit im Einzelfall an. Beispielsweise werden Riech- und Schmeckstörungen bei einer Tätigkeit in der IT-Administration nicht zu einer AU führen; bei einer Tätigkeit als Köchin oder Produktentwicklerin für Lebensmittel hingegen schon. Atembeschwerden werden sich bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten stärker beeinträchtigend bemerkbar machen, als bei vorwiegend sitzenden Tätigkeiten. Demgegenüber beeinträchtigen Konzentrationsstörungen, Energieabfall oder Depressionen wohl immer die Arbeitsfähigkeit.

PCS verläuft in Wellen, d. h. ich kann eine Zeit arbeiten und dann wieder nicht. Führt das auch zu einer AU?

Genau das ist das Schwierige mit PCS. Unser Rechtssystem kennt wellenförmige Krankheitsverläufe und eine teilweise Arbeitsfähigkeit nicht. Entweder man kann zu 100 % seine Arbeitsleistung erbringen oder nicht. D. h., wenn die Arbeitsfähigkeit nicht sicher zu 100 % besteht, ist weiterhin krank zu schreiben. Von daher wird es häufig auch beim wellenförmigen Verlauf eine AU geben. Allerdings ist das nicht für alle Betroffenen eine befriedigende Situation, da Arbeit ja durchaus einen heilenden Effekt haben kann. Denn Arbeit vermittelt einen Selbstwert, Tagesstruktur, Aufgaben, Sinnhaftigkeit, soziale Kontakte, Dazugehörigkeit zum gesellschaftlichen System, trainiert Konditionen etc. Von daher kann für viele Betroffene ein bisschen Arbeiten durchaus förderlich sein. Ein bisschen arbeitsfähig sein, d. h. die Graustufen zwischen mal mehr und mal weniger guter Leistungsfähigkeit, lässt sich am ehesten noch mit der beruflichen Wiedereingliederung abbilden. Das ist eine Konstruktion, in der nach wie vor formal AU besteht. Allerdings befindet sich der/die Betroffene in einer Phase, in der Arbeitsfähigkeit schon wieder zum Teil besteht und wieder hergestellt werden kann. Im Rahmen der beruflichen Widereingliederung soll der/die Erkrankte stufenweise an seine bisherige oder eine andere mögliche Tätigkeit herangeführt werden.

Wie gelingt eine Wiedereingliederung am Arbeitsplatz bei PCS?

Eine Wiedereingliederung lässt sich am besten über ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) einsteuern. Das BEM ist ein Verfahren, das einen umfassenden Such- und Umsetzungsprozess beinhaltet von Maßnahmen, die helfen sollen AU zu überwinden, zukünftiger AU entgegenzuwirken und einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen möglichst frühzeitig zu begegnen. Die berufliche Wiedereingliederung ist eine mögliche Maßnahme, die im Rahmen eines BEM herausgefunden und praktiziert werden kann. Federführend bei der Wiedereingliederung ist der behandelnde Arzt, der die körperliche und psychische Belastbarkeit regelmäßig bewertet, den Wiedereingliederungsplan erstellt und anpasst sowie den Kontakt zu weiteren Fachdisziplinen hat.

Was Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen bei der Wiedereingliederung tun können, erfahrt ihr in der AiB 7-8/2022 ab Seite 34. Abonnenten können den kompletten Beitrag hier lesen.

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