Wirtschaftsausschuss

Werbeagentur ist kein Tendenzunternehmen

04. April 2022
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Quelle: www.pixabay.com/de

In Tendenzunternehmen darf kein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Eine Agentur, die andere Unternehmen bei deren Kommunikations- und Pressearbeit unterstützt, ist kein Tendenzunternehmen. Daran ändert auch nichts, dass die Agentur sich journalistischer Mittel und Methoden bedient.

In Tendenzunternehmen gelten die Regelungen des BetrVG nur eingeschränkt (§ 118 Abs. 1 BetrVG). Man ist der Meinung, dass einige BetrVG-Regelungen der Grundrechtsausübung in Gestalt der freien Berichterstattung oder Meinungsbildung entgegenstehen könnten.Dazu gehören auch die Vorschriften über den Wirtschaftsausschuss (§§ 106 - 110 BetrVG).

Das war der Fall

In einer Kommunikationsagentur streiten Betriebsrat und Arbeitgeber über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG. In Tendenzunternehmen ist ein solcher Ausschuss gemäß § 118 BetrVG ausgeschlossen. Daher geht es hier um die Frage, ob die Agentur als Tendenzunternehmen anzusehen ist.

Unternehmenszweck der Arbeitgeberin ist „die Erbringung medialer Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unternehmens- und Markenkommunikation sowie die Beratung auf dem Gebiet der Werbung, der Kommunikation und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien …“.

Das sagt das Gericht

Das Gericht wertet die Agentur nicht als Tendenzunternehmen. Daher kann ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden.

Tendenzunternehmen sind solche, die Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen und auf die daher Artikel 5 GG (Grundgesetz) Anwendung findet, der die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Funk und Film gewährleistet.

Nicht ausreichend ist es dafür, dass der Unternehmenszweck nach seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet ist, die Tendenztätigkeit eines anderen Unternehmens zu unterstützen. Um nichts anderes geht es sowohl bei Corporate Publishing als auch bei Corporate Marketing. Es geht nicht um eine eigene Ausrichtung an einer geistig-ideellen Zielsetzung. Die Tendenz geben dabei die auftraggebenden Unternehmen vor, sie wird nicht von der Arbeitgeberin erarbeitet.

Das muss der Betriebsrat wissen

Sinn des sog. Tendenzschutzes nach § 118 BetrVG ist es, die besonderen Grund- und Freiheitsrechte dieser Institutionen bzw. ihrer Träger (Religionsfreiheit, Koalitionsfreiheit, Pressefreiheit usw.) weitestgehend unangetastet zu lassen. Die Ausübung dieser Grundrechte soll durch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht behindert oder eingeschränkt werden.

Aber immer ist genau zu prüfen, ob wirklich Tendenzschutz besteht. Bei Unternehmen, die nur indirekt der Pressefreiheit zur Geltung verhelfen, wie hier Agenturen, ist dies nicht der Fall.

© bund-verlag.de (fro)

 

 

Quelle

LAG Berlin-Brandenburg (20.12.2021)
Aktenzeichen 21 TaBV 504/21
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