Urlaub

Zum Urlaubsanspruch bei mehrjähriger Krankheit

07. Juni 2022
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Quelle: © Gordon Bussiek/ Foto Dollar Club

Sind Beschäftigte über Jahre krank, verfallen ihre Urlaubstage nicht unmittelbar. Die Urlaubsansprüche können noch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres geltend gemacht werden. Danach ist Schluss, auch wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, auf den Verfall des Urlaubs hinzuweisen – so das LAG Hamm.

Es geht um die Auszahlung von 60 Tagen Urlaub während einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit.

Der Sachverhalt

Ein Beschäftigter in der Gebäudereinigung konnte wegen einer schweren Nervenschädigung an der Hand nicht mehr arbeiten. Durch verschiedene Fortbildungen und Praktika versuchte er sich andere Arbeitsoptionen zu schaffen.

Sein bisheriger Arbeitgeber erteilte ihm daraufhin die Bescheinigung, dass er im Jahr 2014 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Der Beschäftigte ist nicht einverstanden und verlangt für die Folgejahre 2016 und 2017 volle Urlaubsabgeltung (= 60 Tage). Er behauptet, durchgehend arbeitsunfähig gewesen zu sein.

Das sagt das Gericht

Der Beschäftigte hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Kalenderjahre 2016 und 2017. In dieser Zeit war der Beschäftigte – so die Meinung des Gerichts – durchgehend arbeitsunfähig.  Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber es eventuell versäumt hat, den Beschäftigten explizit – was seine Pflicht gewesen wäre - auf den drohenden Verfall seiner Urlaubsansprüche aufmerksam zu machen.

Seit einer grundlegenden Entscheidung des EuGH im Jahr 2011, der sich das BAG 2012 angeschlossen hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Urlaubsansprüche bei langandauernder Erkrankung nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des 31.12. des Urlaubsjahres bzw. dem 31.3. des Folgejahres erlöschen. Sie verfallen aufgrund richtlinienkonformer Auslegung erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (BAG 7.8.2012 - 9 AZR 353/10 im Anschluss an EuGH 22.11.2011, C-214/10).

Fazit: Damit ist allein die Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten die Ursache für den Verfall der Urlaubsanprüche. Allerdings hat das LAG Hamm die Revision zugelassen. Denn das LAG war zwar davon überzeugt, dass der Urlaub auch ohne Warnhinweis des Arbeitgebers verfallen war. Allerdings hat das BAG noch nicht entschieden, wie sich eine fehlende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers im Fall einer mehrjährigen Erkrankung des Arbeitnehmers auswirkt.

Das muss der Betriebs- oder Personalrat wissen

Das Urlaubsrecht ist sehr kompliziert geworden. Die EuGH- und die BAG-Rechtsprechung haben in den letzten Jahren für teilweise erhebliche Irritationen gesorgt. Allerdings steht seit einiger Zeit fest: Auch bei langer Krankheit verfällt ein Urlaubsanspruch (und damit auch ein Abgeltungsanspruch) generell 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.

Ist also der Anspruch in 2021 entstanden, so entfällt er im März 2023, auch wenn der Beschäftigte noch krank ist. Nun allerdings muss das BAG über die Frage entscheiden, was passiert, wenn der Arbeitgeber die ebenfalls vom obersten Gericht formulierte Hinweispflicht verletzt und den Beschäftigten nicht auf den drohenden Verfall hinweist (BAG 19.02.2019 - 9 AZR 541/15).

Unser Lesetipp:

»Neues vom Urlaub« von Gerda Reichel in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2022, ab Seite 33.

https://www.bund-verlag.de/bundonline/modul/1726!31/inhalt/1726!52474/zeitschrift/396!5747/asset/150!137528/position/_

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Hamm (17.02.2022)
Aktenzeichen 5 Sa 872/21
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