Kündigung

Zustimmung des Integrationsamts verpflichtet

10. August 2021
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Quelle: © S. Engels / Foto Dollar Club

Wenn das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Beschäftigten oder einer gleichgestellten Person erteilt hat, gilt diese Entscheidung so lange, bis sie rechts- oder bestandskräftig aufgehoben wird. Die Kündigung wird daran gemessen und bleibt wirksam.

Das war der Fall

In dem Fall ging es um die außerordentliche Kündigung einer schwerbehinderten Arbeitmehmerin im Staatsdienst. Die Arbeitgeberin hatte das Arbeitsverhältnis 2018 unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich fristlos sowie vorsorglich außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. März 2019 gekündigt, nachdem sie die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hatte.

Das sagt das Gericht

Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ist nur nach vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes gemäß §§ 168, 174 Abs. 1 SGB IX in Verbindung mit § 2 Abs. 3 SGB IX als einem behinderten Menschen gleichgestellte Person möglich. Die Zustimmung des Integrationsamts zu den beabsichtigten Kündigungen der Beklagten gilt gemäß § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt, da das Integrationsamt auf den entsprechenden Antrag der Arbeitgeberin innerhalb der Frist keine Entscheidung getroffen hat.

Dabei spielt es keine Rolle, dass der Widerspruch gegen den Bescheid des Integrationsamts zur Aufhebung des Ausgangsbescheids geführt hat. Verwaltungsakte, sogar solche, die rechtswidrig sind, müssen von allen Gerichten beachtet werden, stellt das BAG klar.

Da gemäß § 171 Abs. 4 SGB IX Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts keine aufschiebende Wirkung haben, entfaltet die einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung – vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit – so lange Wirksamkeit, bis sie gegebenenfalls rechtskräftig aufgehoben wird. Bis zur Rechtskraft der getroffenen Entscheidung ist die Arbeitgeberseite berechtigt, aufgrund der einmal erteilten Zustimmung die Kündigung zu erklären. Wird die Zustimmungsentscheidung erst nach rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage bestands- oder rechtskräftig aufgehoben, steht dem Arbeitnehmer ggf. die Restitutionsklage nach § 580 ZPO offen.

Das BAG hat die Sache ist an das LAG zurückverwiesen, das nun zu prüfen hat, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt und der Personalrat sowie die Schwerbehindertenvertretung vor deren Ausspruch ordnungsgemäß beteiligt wurden, was es bisher unterlassen hatte.

Das muss der Personalrat wissen

Die Entscheidung zeigt sehr gut, wie die Kompetenzen des Integrationsamts in das laufende Kündigungsschutzverfahren eingebunden sind bzw. welche Einschränkungen sich daraus ergeben. Wichtig ist beispielsweise, dass die erteilte Zustimmung zur Kündigung entfaltet außer bei Nichtigkeit im Kündigungsschutzprozess solange Wirksamkeit besitzt, bis sie bestands- oder rechtskräftig aufgehoben worden ist. Zudem stellt das BAG Folgendes klar: Die Gerichte für Arbeitssachen haben im Fall der Zustimmung des Integrationsamts zur außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen weder die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB noch der des § 174 Abs. 2 SGB IX zu prüfen.

Wichtig: Die Zustimmung des Integrationsamtes ersetzt nicht die Beteiligung des Personalrats im Rahmen der Kündigung. 

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

BAG (22.07.2021)
Aktenzeichen 2 AZR 193/21
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