Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Arbeitgeberverhalten macht Fortsetzung unzumutbar

30. Juli 2013

Macht der Arbeitgeber deutlich, dass er den Arbeitnehmer, z. B. wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft grundsätzlich ablehnt, ist diesem die weitere Zusammenarbeit nicht zumutbar. Das Arbeitsverhältnis ist gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Der Fall

Die Klägerin war in einer Pflegeeinrichtung, die von ihrer Arbeitgeberin bewirtschaftet wird, als Küchenhilfe beschäftigt. Zwischen ihr und der Arbeitgeberin war bereits ein Rechtsstreit um eine Änderungskündigung anhängig. Die Klägerin wird in allen Verfahren vom DGB Rechtsschutz vertreten.

In diesem Verfahren erklärte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin: »Es ist höchst bedauerlich, dass wir als leistungsorientiertes Unternehmen von einer eigentlich zu verbietenden Vereinigung mit kommunistischen Zügen vor ein Gericht gezerrt werden, obwohl hierzu keinerlei Anlass besteht.« Es sei »nicht von uns erwünscht, dass wir uns mit irgendwelchen profilierungssüchtigen Gewerkschaftsdelegierten herumschlagen müssen.«

Der Bewirtschaftsungsvertrag wurde zum 31.12.2011 gekündigt, weil die Küche des Pflegeheims geschlossen wurde. Mit Schreiben vom 24.10.2011 kündigte der Geschäftsführer den Vertrag mit der Klägerin betriebsbedingt zu diesem Datum. Dadurch war die bereits ausgesprochene Änderungskündigung überholt. Im Kündigungsschreiben schrieb er ausdrücklich: »Wir sind an einer Zusammenarbeit mit Ihnen definitiv nicht interessiert.«.

Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 24.10.2011. Sie beantragte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 9, 10 KSchG) gegen Zahlung einer Abfindung von 15 Bruttomonatsgehältern. Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Auflösung und Abfindung durch Teilurteil ab und stellte zugleich die Unwirksamkeit der Kündigung vom 24.11.2011 fest.

Die Entscheidung

Das LAG Hamburg entschied zugunsten der Klägerin, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.05.2012 aufgelöst wird. Die Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin 22.580,00 EUR nebst Zinsen seit Rechtskraft der Entscheidung zu zahlen.

Nach § 9 Abs. 1 KSchG kann das Gericht ein Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers auflösen, wenn es feststellt, dass es durch die ausgesprochene Kündigung mangels derer sozialen Rechtfertigung nicht aufgelöst ist, jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Die Unwirksamkeit der Kündigung vom 24.10.2011 war bereits durch ein Teilurteil des ArbG festgestellt.

Die Auflösungsgründe können sich aus einem Verhalten des Arbeitgebers vor oder nach der Kündigung ergeben, müssen aber immer in einem inneren Zusammenhang mit der Kündigung stehen (vgl. BAG, Urt. v. 24.09.1992 - 8 AZR 597/91 - juris).

Nach diesen Grundsätzen war das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Indem der Geschäftsführer der Arbeitgeberin im Kündigungsschreiben erklärt: »Wir sind an einer Zusammenarbeit mit Ihnen definitiv nicht interessiert«, macht er deutlich, dass die Arbeitgeberin das Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses nicht akzeptieren wird.

Der Geschäftsführer hat sich zudem kritisch-abfällig über die gewerkschaftliche Prozessvertretung der Klägerin geäußert. Damit bringt er zum Ausdruck, dass er die Gewerkschaften - und damit auch die gewerkschaftlich organisierte Klägerin - grundsätzlich ablehnt. Dies stützt die Prognose, dass der Klägerin keine unproblematische Rückkehr an ihren Arbeitsplatz möglich sein wird.

Wenn also – so die nachvollziehbare Schlussfolgerung der Klägerin – mit gerichtlicher Hilfe eine Rückkehr auf den Arbeitsplatz ermöglicht würde, ist dort ein zumutbares, gedeihliches Zusammenarbeiten nicht zu prognostizieren. Deshalb war das Arbeitsverhältnis auf dessen Antrag gemäß §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig, die Nichtzulassungsbeschwerde des Arbeitgebers verwarf das BAG (Beschluss vom 21.05.2013, Aktenzeichen 2 AZN 280/13).


LAG Hamburg, Urteil vom 13.02.2013
Aktenzeichen 5 Sa 58/12
Quelle: Juris

© bund-verlag.de (ck)

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Fokus Aufhebungsvertrag - Chancen und Risiken abwägen« von Jens-Peter Hjort in »Arbeitsrecht im Betrieb« 3/2013, S. 190-194« .

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