Kostentragungspflicht

Anwaltskosten, die der Arbeitgeber zahlen muss

28. April 2017
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Quelle: dessauer_Dollarphotoclub

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber für die Kosten der Betriebsratstätigkeit aufkommen. Dazu zählen auch die Honorare eines Anwalts, den der Betriebsrat für das Durchsetzen seiner Rechte in einem gerichtlichen Beschlussverfahren oder in einem Einigungsstellenverfahren für erforderlich halten durfte. Wann das der Fall ist und wie es beim Hinzuziehen eines Rechtsanwalts außerhalb eines Verfahrens aussieht, hat das BAG in einem wichtigen Urteil geklärt.

Kostenübernahme im Vorfeld eines Verfahrens

Schaltet der Betriebsrat einen Rechtsanwalt im Vorfeld eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens oder eines Einigungsstellenverfahrens ein, um seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte durchzusetzen oder wahrzunehmen, muss der Arbeitgeber auch diese Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG übernehmen. Der Arbeitgeber ist jedoch nur dann zur Tragung des Anwaltshonorars verpflichtet, wenn der Betriebsrat die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei pflichtgemäßer Würdigung aller Umstände für »erforderlich« halten durfte.

Prüfung der Erforderlichkeit

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit muss der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abwägen. Stehen dem Betriebsrat zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte mehrere gleich geeignete Möglichkeiten zur Verfügung, muss er die für den Arbeitgeber kostengünstigere auswählen (vgl. BAG 25.6.2014 - 7 ABR 70/12; 29.7.2009 - 7 ABR 95/07).

Beurteilungsspielraum des Betriebsrats

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Anwalts und einer mit diesem zu treffenden Honorarvereinbarung steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung des Betriebsrats unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Das Gericht kann aber nur überprüfen, ob die Hinzuziehung des Rechtsanwalts sowie eine ggf. erteilte Honorarzusage der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats diente. Zudem kann geprüft werden, ob der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt hat.

Vereinbarung eines Stundenhonorars

Der Betriebsrat darf die Vereinbarung eines Stundenhonorars für einen Anwalt, die zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt, grundsätzlich nicht für erforderlich halten. Die Erteilung einer Honorarzusage kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Das kann z.B. der Fall sein,

  • wenn der Arbeitgeber mit der Honorarvereinbarung einverstanden ist oder in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen die Erteilung einer solchen Zusage stets akzeptiert hat. 
  • Wenn der Verhandlungsgegenstand eine spezielle Rechtsmaterie betrifft und der vom Betriebsrat ausgewählte, über die entsprechenden Spezialkenntnisse verfügende Anwalt zur Übernahme des Mandats nur bei Vereinbarung eines Zeithonorars bereit ist. Der Betriebsrat darf zudem keinen vergleichbar qualifizierten Anwalt zu günstigeren Konditionen gefunden haben.

Kostenübernahme bei außergerichtlichen Streitigkeiten

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG kann der Arbeitgeber auch dann zur Zahlung von Anwaltskosten verpflichtet sein, wenn ein Anwalt die vom Betriebsrat beanspruchten Mitbestimmungsrechte gegenüber dem Arbeitgeber außergerichtlich geltend macht. Oder, wenn er im Rahmen eines konkreten Konfliktes erwägt, dies zu tun, und seine anwaltliche Tätigkeit darauf gerichtet ist, die beschlossene Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens entbehrlich zu machen (vgl. BAG 25.6.2014 - 7 ABR 70/12; 15.11.2000 - 7 ABR 24/00). Entsprechendes gilt, wenn der Betriebsrat einen Anwalt damit beauftragt, Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu führen. Dabei geht es um die Ausübung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechte im Vorfeld eines Einigungsstellenverfahrens mit dem Ziel, die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens entbehrlich zu machen.

Hinzuziehung von Sachverständigen

Das Recht des Betriebsrats auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als sein Vertreter bei der Durchsetzung oder Wahrnehmung seiner Mitbestimmungsrechte außerhalb von gerichtlichen Streitigkeiten und Einigungsstellenverfahren ist nicht durch die Regelungen in § 80 Abs. 3 BetrVG und § 111 Satz 2 BetrVG beschränkt.

Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Nach § 111 Satz 2 BetrVG kann der Betriebsrat bei Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen, ohne eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen. Durch die Beratung soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, die Auswirkungen einer geplanten Betriebsänderung rasch zu erfassen und in kurzer Zeit fundierte Alternativvorschläge so rechtzeitig zu erarbeiten, dass er auf die Entscheidung des Arbeitgebers noch Einfluss nehmen kann.

Diese Regelungen finden keine Anwendung, wenn es nicht um die Heranziehung sachkundiger Personen durch den Betriebsrat zum Zwecke seiner Beratung, sondern um die Vertretung des Betriebsrats bei der Durchsetzung oder Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren oder in deren Vorfeld geht.

Eine Tätigkeit als Sachverständiger bzw. als Berater ist etwa anzunehmen, wenn der Rechtsanwalt zur Beratung über eine vom Arbeitgeber vorgeschlagene komplexe Betriebsvereinbarung (BAG 15.11.2000 - 7 ABR) oder zur Ausarbeitung des Entwurfs eines schwierigen Interessenausgleichs (vgl. BAG 11.11.2009 - 7 ABR 26/08) hinzugezogen wird.

 © bund-verlag.de (ls)  

Quelle

BAG (14.12.2016)
Aktenzeichen 7 ABR 8/15
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