Dienstleistungsberufe

Arbeit mit Menschen besser gestalten

29. September 2017
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Quelle: drubig photo_Dollarphotoclub

Anpfiff vom Kunden, gute Miene in der Pflege: Die Arbeit von Mensch zu Mensch folgt ganz eigenen Gesetzen und fordert Beschäftigte körperlich und mental. Wie Sie die Arbeit belastungsarm gestalten, erklären Dr. Nadine Müller und Anke Thorein in  »Gute Arbeit« (GA) 9/2017.

 

Handel, Pflege, Beratung, IT-Projekte: Die Merkmale von Arbeit mit Menschen werden im Gesundheitsschutz kaum systematisch bewertet und gestaltet. Es fehlen arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, die der Interaktionsarbeit gerecht werden, um besondere Belastungen gezielt abzubauen.

Erste Ansätze zur Arbeitsgestaltung vermitteln Aufbruchstimmung: In Praxis-Projekten werden psycho-soziale und mentale Beanspruchungen bearbeitet, Forschungsarbeiten unter betrieblicher Beteiligung sind im Gang. Und nun können neue Betriebs-Projekte an den Start gehen (siehe unten).

 

Beispiel: Belastungen in der Intensivpflege

Eine Krankenschwester - bzw. heutzutage korrekt Krankenpflegerin - muss mit Schutzkleidung und weiteren Vorsichtsmaßnahmen auf einer Isolierstation im Schichtdienst einen schwerstkranken Patienten pflegen (körperliche Anforderungen) und zugleich auf Angehörige eingehen, sie mit ihren Sorgen und Ängsten begleiten. Sie muss auf teils lebensbedrohliche Situationen schnell reagieren und trägt eine hohe persönliche Verantwortung. Sie ist auf vielfältige Weise fachlich stark gefordert. Daraus ergeben sich für die Arbeitsgestaltung zentrale Fragen:


  • Wie lange – Dauer eines Schichteinsatzes, aber auch bezogen auf die Lebensarbeitszeit – können solche Aufgaben mit multiplen Belastungen geleistet werden?
  • Was wäre eine »nachhaltige Durchschnittsleistung«, die ein Leben lang ausführbar ist?

  • Welche (strukturellen) Maßnahmen der Arbeitsgestaltung müssten zur Vermeidung von Gefährdungen entwickelt werden?
  • Welche stärkenden Ressourcen – wie z.B. selbstbestimmtes Arbeiten, Einsatzwechsel, Schulungen – müssen vorhanden sein, damit die Arbeit gesundheits- und persönlichkeitsförderlich ist?
  • Wie kann dabei die notwendige Beteiligung der Beschäftigten gewährleistet werden, um zu erfahren, was sie zur Stärkung benötigen, was sie als hilfreich ansehen?

Zurzeit fehlen (vollständige) Konzepte zur Arbeitsgestaltung und einen angepassten Gesundheitsschutz bei Interaktionsarbeit. Beteiligung und Kompetenzen der Beschäftigten sind dafür wichtige Impulsgeber. Zum Thema passend wird in »Gute Arbeit« (GA) 9/2017 eine Online-Handlungshilfe für die beteiligungsorientierte Gefährdungsbeurteilung (ver.di) vorgestellt.

Betriebe können jetzt Forschungsprojekte anregen

Das Praxis-Beispiel Krankenhaus zeigt die Fülle der Leistungsanforderungen, die Beschäftigte im Alltag bewältigen. Verfügen sie dafür über die nötigen Ressourcen? Erhalten sie In Call-Centern, in der Finanzdienstleistungs-Beratung, im Fach- und Einzelhandel genügend Unterstützung, Weiterbildung, Freiräume zur Arbeitsgestaltung? Wie gute Interaktionsarbeit besser gestaltet werden kann, das können Interessierte in »Gute Arbeit« 9/2017 nachlesen.

Und ein »Plus«: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schenkt den besonderen Belastungen der Interaktionsarbeit größere Aufmerksamkeit und fördert auf Initiative von ver.di entsprechende Forschungsvorhaben.

Interessenvertretungen können jetzt Praxis-Projekte anregen - zur Arbeitsgestaltung von Interaktionsarbeit in ihren Betrieben und sich wenden an: www.innovation-gute-arbeit.verdi.de/gute-arbeit/programm-zukunft-der-arbeit. Auch das BMBF informiert und ist ansprechbar: Projekt PräFo - „Prävention von Belastungen bei formalisierter (Interaktions- wie auch Innovations-)Arbeit“: www.arbeit-form-zukunft.de.

Weitere Informationen

Beitrag von Dr. Nadine Müller und Anke Thorein: »Arbeit mit Menschen humanisieren«, »Gute Arbeit« 9/2017 (S. 8-12). Zudem in der Ausgabe: Belastungsprofile und Gestaltungshinweise aus dem Pflegebereich (S. 13-16, von Dr. Margit Weihrich) und aus dem Handel (S. 17-19, Dr. Wolfgang Dunkel). Online-Handlungshilfe zur beteiligungsorientierten Gefährdungsbeurteilung (S. 27 ff).

Auch im Heft: Wie das Arbeitszeitgesetz Betriebsräte schützt. Und für die SBV: Wann und wie eine Nachwahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung erforderlich ist. Der Beitrag von Professor Wolfhard Kohte und Matthias Liebsch enthält Tipps zum Wahlverfahren der SBV allgemein, ist also eine gute Vorbereitung auf die SBV-Wahl 2018 – zum Einstimmen!

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