Altersdiskriminierung

Sozialplan darf Abfindung für rentennahe Jahrgänge halbieren

24. Oktober 2013

Die Sozialplanabfindung von Arbeitnehmern, die sofort oder im Anschluss an Leistungen der Arbeitslosenversicherung - ggf. auch vorgezogenes - Altersruhegeld in Anspruch nehmen können (rentennahe Jahrgänge), darf im Vergleich zu den jüngeren Arbeitnehmern auf die Hälfte begrenzt werden.

Der Fall:
Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung. Der zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat vereinbarte Interessenausgleich und Sozialplan enthält Regelungen zur Zahlung einer Abfindung. Danach erhalten Mitarbeiter, die sofort oder im Anschluss an Leistungen der Arbeitslosenversicherung – ggf. auch vorgezogenes – Altersruhegeld in Anspruch nehmen können, lediglich den hälftigen Abfindungsbetrag.

Der Kläger, der eine vorzeitige Altersrente beanspruchen konnte, hält die Kürzungsregel für rentennahe Jahrgänge für unwirksam.

Die Entscheidung:
Dem widersprach – wie bereits die Vorinstanzen – das BAG.

Zwar führt die streitgegenständliche Abfindungsregelung zu einer mittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhenden Ungleichbehandlung der betroffenen Arbeitnehmer. Diese ist jedoch nach § 10 Satz 3 Nr. 6 Alt. 2 AGG gerechtfertigt. Die Begrenzung der den rentennahen Jahrgängen gewährten Sozialplanleistungen ist angemessen und erforderlich i.S.d. § 3 Abs. 2 AGG, so die Richter.

Sozialpläne haben eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung  sollen die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern. Die Betriebsparteien können diese Nachteile aufgrund ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums in typisierter und pauschalierter Form ausgleichen.

Dazu können sie die übermäßige Begünstigung, die ältere Beschäftigte mit langjähriger Betriebszugehörigkeit bei einer am Lebensalter und an der Betriebszugehörigkeit orientierten Abfindungsberechnung erfahren, durch eine Kürzung für rentennahe Jahrgänge zurückführen, um eine aus ihrer Sicht verteilungsgerechte Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung zugunsten der jüngeren Arbeitnehmer zu ermöglichen.

Die Interessen der rentennahen Jahrgänge sind nach Auffassung des BAG im Sozialplan bei der Ausgestaltung der sie betreffenden Ausgleichsregelungen genügend beachtet worden. Die Betriebsparteien haben diese Beschäftigtengruppe nicht von Sozialplanleistungen ausgeschlossen, sondern ihnen den hälftigen Abfindungsbetrag gewährt. Die in dieser Weise erfolgte Kürzung ist nicht unangemessen. Die durch den Wegfall des Arbeitsentgelts entstehenden wirtschaftlichen Nachteile werden während des Arbeitslosengeldbezugs durch die gekürzte Abfindung zumindest substanziell ausgeglichen.

Quelle:
BAG, Urteil vom 23.04.2013,
Aktenzeichen: 1 AZR 25/12

Lesetipp der Online-Redaktion:
» Altersgruppenbildung in einem Sozialplan « von Rechtsanwalt Max Oberberg in »Arbeitsrecht im Betrieb« 11/2011, S. 664-667.

© bund-verlag.de (ts)

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