Arbeitszeit

Anordnung von Freizeit zum Überstunden-Ausgleich rechtens

09. Februar 2016

Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der es verbietet, Überstunden mit bezahlter Freizeit auszugleichen. Erkrankt der oder die beschäftigte während der Freistellung, ändert das nichts an der Wirksamkeit des Zeitausgleichs. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz hervor.

Nachdem ihm ordentlich gekündigt worden war, hatte ein Industriemechaniker eine Gutschrift von 66,75 Stunden auf sein Arbeitszeitkonto verlangt. Diese stand dem Mitarbeiter nicht zu, entschied das LAG Rheinland-Pfalz. Der Mann war rund drei Monate (10.09. bis zum 5.12.2014) zum Abbau seiner Überstunden von der Arbeitspflicht bezahlt freigestellt worden. Seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (13.11. bis 5.12.2014) während der Freistellung habe keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Freistellung, so das Gericht.

Knackpunkt: Krankheit während Freistellung

Das LAG beruft sich bei seiner Begründung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach der Arbeitgeber einen Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall nicht mehr verpflichtet, im Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig. Demnach trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer das Risiko, die durch Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können (etwa BAG, Urteil vom 11.9.2003, Az.: 6 AZR 374/02).

Einseitige Anordnung von Freizeit als Überstundenvergütung

Überstunden sind regelmäßig gesondert zu vergüten. Die Arbeitsvertragsparteien können aber auch einen bezahlten Freizeitausgleich vereinbaren, heißt es im Urteil. Im vorliegenden Fall haben die Parteien ein Arbeitszeitkonto vereinbart. Der Arbeitgeber durfte daher auch die 472 Überstunden seines Mitarbeiters durch bezahlte Freizeit auszugleichen, nachdem er diesem ordentlich gekündigt hatte.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei die Festlegung des Freizeitausgleichs nicht nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Der Arbeitgeber könne Freizeitausgleich im Rahmen seines Direktionsrechts auch einseitig anordnen. Hier hatte er ein Interesse daran, dass die angefallenen Überstunden bis zum Ende der Kündigungsfrist weitgehend abgebaut waren. 

Das LAG stellte - wie bereits die erste Instanz - klar, dass für eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG kein Raum ist. Die Anrechnung von Krankheitstagen auf den Jahresurlaub ist eine Ausnahmeregelung und gilt nur für den Erholungsurlaub.

Das Gericht erkannte auch keinen Verstoß gegen das Entgeltfortzahlungsgesetz. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setze voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - auch aus einem anderen Grund nicht gearbeitet hätte.

Quelle:

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.11.2015
Aktenzeichen: 5 Sa 342/15
Landesrechtsprechungsdatenbank Rheinland-Pfalz

© bund-verlag.de (mst)

Lesetipp der AiB-Redaktion

» Überstunden und Mehrarbeit - Wann sie vorliegen und wie sie vergütet werden « von Manfred Wulff in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2008, S. 311–315.

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