Kündigung

Arbeitgeber können sich heimliche Spindkontrollen sparen

24. März 2014

Heimliche Spindkontrollen sind rechtswidrig. Findet der Arbeitgeber bei einer solchen Durchsuchung heraus, dass ein von ihm verdächtigter Mitarbeiter tatsächlich gestohlen hat, so darf diese Erkenntnis in der Regel nicht für eine fristlose Kündigung herangezogen werden. So das Bundesarbeitsgericht. Die Entscheidung stärkt den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern.

Der Fall:

Aufgrund Diebstahlverdachts durchsuchte der Geschäftsleiter eines Cash & Carry-Marktes im Beisein eines Betriebsratsmitglieds den Spind eines Verkäufers. Der Geschäftsleiter fand dabei nach eigenen Angaben vom Verkäufer entwendete Damenunterwäsche.

In der Folge wurde diesem fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt. Der Mann war damit nicht einverstanden und erhob Kündigungsschutzklage.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte die Ansicht der Vorinstanz, dass die Spindkontrolle unverhältnismäßig und daher rechtswidrig war. Daher seien die dabei gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertbar und die Entlassung könne nicht auf diese gestützt werden.

Zwar sei es richtig, dass bereits der Verdacht eines Diebstahls eine schwerwiegende Pflichtverletzung und damit einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Allerdings müssen einige strenge Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Verdacht muss auf konkrete objektive Tatsachen gestützt sein.
  • Die Verdachtsmomente müssen geeignet sein, das Vertrauensverhältnis zu zerstören.
  • Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben. Diese Voraussetzung umfasst auch die Anhörung des Arbeitnehmers


Beweisverwertungsverbot wegen Unverhältnismäßigkeit

Was die heimliche Spindkontrolle angeht, seien die dabei gewonnenen Beweismittel nicht verwertbar. Denn der persönliche Spind eines Arbeitnehmers ist Teil seiner Privatsphäre. Jeder darf darauf vertrauen, dass sein Spind nicht ohne Einwilligung durchsucht wird.

Halten sich Arbeitgeber nicht daran, liegt neben dem möglichen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Dieser Eingriff kann bei explizitem Diebstahlsverdacht zwar gerechtfertigt sein, allerdings müssen dann Art und Weise der Durchsuchung verhältnismäßig sein.

Für den konkreten Fall heißt das, dass der Arbeitgeber den verdächtigten Mitarbeiter bei der Kontrolle hätte hinzuziehen müssen. So hätte dieser die Möglichkeit gehabt, auf die Durchsuchung Einfluss zu nehmen bzw. Rechtsschutz zu suchen.

Als milderes Mittel hätten sich außerdem eine Personen- bzw. Taschenkontrolle beim Verlassen des Betriebes sowie eine daran eventuell anschließende offene Spindkontrolle angeboten. Besondere Umstände, die eine heimliche Durchsuchung erlauben würden, hätten jedenfalls nicht vorgelegen.

Konsequenzen für die Praxis

Die BAG-Richter haben klargestellt, dass unverhältnismäßige Ermittlungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess führen können.

Die Richter weisen auch darauf hin, dass die Unverhältnismäßigkeit einer heimlichen Spindkontrolle nicht deswegen weniger intensiv ist, weil ein Betriebsratsmitglied anwesend ist – im Gegenteil: Je mehr Personen an der Aktion beteiligt sind, desto stärker werde in die Privatsphäre des Arbeitnehmers eingegriffen.

Quelle:

BAG, Urteil vom 20.06.2013
Aktenzeichen: 2 AZR 546/12

© bund-verlag.de - (jes)

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Die Kündigung – Rechtmäßigkeit und Reaktionsmöglichkeiten von Betroffenen und Betriebsräten« von Petra Ahlburg in »Arbeitsrecht im Betrieb (AiB)« Ausgabe 3/2013, S. 176 - 180

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