Betriebsrat-Bashing

Arbeitgeber behindern Betriebsräte

18. November 2016
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Quelle: © iceteastock / Foto Dollar Club

Viele Betriebsräte erfahren bei ihrer Arbeit Schikanen durch den Arbeitgeber. Besonders aggressiv ist deren Vorgehen bei Neugründungen von Betriebsräten – so eine aktuelle Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Chefs behindern demnach jede sechste Betriebsratsgründung, indem sie Kandidaten einschüchtern, die Bestellung eines Wahlvorstandes behindern oder arbeitgebernahe Kandidaten fördern.

Die WSI-Forscher PD Dr. Martin Behrens und Dr. Heiner Dribbusch befragten 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen. Mehr als die Hälfte der Befragten kannte Fälle, in denen Unternehmen versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern. Am meisten von den Schikanen betroffen, sind Betriebsräte in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und dem Gastgewerbe.

Untersucht wurde zudem, wie Unternehmen vorgehen, um die Wahl eines Betriebsrats zu behindern. Das Ergebnis:

  • 71% mögliche Kandidaten einschüchtern
  • 66% die Bestellung eines Wahlvorstandes verhindern
  • 43% arbeitgebernahe Kandidaten unterstützen
  • 20% Kandidaten für den Betriebsrat kündigen
  • 20% der zuständigen Gewerkschaft den Zugang zum Betrieb verwehren
  • 19% Kandidaten »herauskaufen«
  • 13% Mitgliedern des Wahlvorstandes kündigen

In den 35 Bezirken der IG BCE und den Zuständigkeitsbereichen der 103 IG-Metall-Geschäftsstellen, die in die Befragung einbezogen waren, gab es zwischen 2013 und 2015 Wahlen zu insgesamt 10.445 Betriebsräten. Bei 1,7 Prozent dieser Wahlen erhielten die beiden Gewerkschaften Kenntnis von Obstruktionsversuchen des Managements. Weitaus häufiger war dies bei Neugründungen von Betriebsräten. Von 835 erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen im Bereich von IG BCE und IG Metall waren 16,3 Prozent von Behinderungen seitens der Unternehmen betroffen.

Arbeitgeber nehmen für Schikanen Anwälte zur Hilfe

Nach Angabe der befragten Gewerkschafter nahm etwa die Hälfte der Arbeitgeber bei ihren Störaktionen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Beratungen in Anspruch. Die  Unternehmen gehören mehrheitlich der mittleren Größenklasse mit 50 bis 200 Beschäftigten an.

Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Betriebsrats-Bashing

Die Untersuchung unterstreicht, wie wichtig ein umfassender gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements ist. Hier wäre insbesondere wünschenswert, dass bereits bei der Vorbereitung von Betriebsratswahlen alle daran beteiligten Beschäftigten vom ersten Tag an vor Kündigungen geschützt werden, so Behrens und Dribbusch. Ebenso wichtig sei eine wirksame Sanktionierung von Verstößen. Dazu sollten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die auf gesetzwidrige Eingriffe von Unternehmen in Betriebsratswahlen spezialisiert sind und diese auch verfolgen.

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Der bekämpfte Betriebsrat« von Wolfgang Däubler in der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 12/2014. S. 40-42

Quelle:

PM der Hans-Böckler-Stiftung vom 3.11.2016

© bund-verlag.de (ls)

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