Unfallversicherung

Auf eigene Gefahr in der Kantine

27. August 2015

Wer sich in der Pause verletzt, erleidet keinen Arbeitsunfall. Deshalb sind Unfälle während einer Mittagspause nicht versichert – auch nicht die Wege innerhalb einer vom Arbeitgeber eingerichteten Kantine.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat sich mit einem Fall befasst, in dem die
Mitarbeiterin in einem Modegeschäft ihre Kaffeepause im so genannten Mitarbeitercasino
verbrachte. Zuvor hatte sie ihre Arbeitszeit unterbrochen, indem sie ausgestochen hatte. Auf dem Rückweg zum Arbeitsplatz stolperte sie auf der Treppe zur Außentür des Casinos und zog sich dabei eine Verletzung des Sprunggelenks und der Bänder zu – ein Arbeitsunfall, meinte die Verkäuferin.

Klage hatte keinen Erfolg

Unfallkasse, Sozialgericht Mannheim und das Landessozialgericht sahen das anders. Die Unfallkasse lehnte die Entschädigungszahlung der Klägerin laut LSG mit der Begründung ab, „dass der auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme bestehende Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Tür des Mitarbeitercasinos geendet habe. Die Nahrungsaufnahme sowie der Aufenthalt im Mitarbeitercasino sei dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen.“

Voraussetzungen für Arbeitsunfall liegen nicht vor

Das LSG nennt in seinen Entscheidungsgründen zunächst die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall, die vorliegen müssen, damit die Unfallkasse zur Zahlung verpflichtet werden könnte: Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass „die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität (…)).“

Nahrungsaufnahme nicht versichert

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nahrungsaufnahme eine höchstpersönliche Verrichtung und damit nicht versichert, wie auch die eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Einkaufens während der Mittagspause. Das LSG stellt klar, dass diese Einschätzung auch dann gilt, wenn die Pause in einem extra dafür vom Arbeitgeber bereitgestellten Raum – dem Mitarbeitercasino – stattfindet.

Ausnahmen denkbar, aber selten

Nur in seltenen Ausnahmefällen kann essen während der Pause zu den versicherten Tätigkeiten gezählt werden. Die Rechtsprechung verlangt dafür, dass betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme geradezu gebieten, wenn beispielsweise die versicherte Tätigkeit selbst ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht hat, „wenn also die Umstände der Nahrungsaufnahme durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt und ihr damit zuzurechnen waren.“

Davon gingen die Richter in diesem Fall nicht aus, so dass die Klage der Verkäuferin keinen Erfolg hatte.

Quelle:

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.6.2015
Aktenzeichen: L 9 U 1534/14

Max Eppelein
Ass.jur.
DGB Rechtsschutz GmbH
Frankfurt am Main

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