Ausbildungsabbruch

Auszubildende hat keinen Anspruch auf Abfindung

04. Dezember 2013

Ein Auszubildender kann von seinem Ausbildungsbetrieb zwar Schadensersatz verlangen, wenn dieser den vorzeitigen Abbruch der Ausbildung durch stockende Zahlungen verursacht hat. Der zu ersetzende Schaden umfasst aber keine Abfindung.

Der Fall:
Die Klägerin war beim Beklagten als Auszubildende beschäftigt.

Die im Ausbildungsvertrag vereinbarte Ausbildungsvergütung unterschritt die, von der Industrie- und Handelskammer (IHK) empfohlene Ausbildungsvergütung um mehr als 20 Prozent.

Nachdem der Beklagte nicht mehr termingerecht zahlte, kündigte die Auszubildende nach mehrfacher erfolgloser Zahlungsaufforderung das Ausbildungsverhältnis fristlos. Sie macht noch ausstehende Ausbildungsvergütung sowie Schadensersatzansprüche geltend. Sie meint, der Schadensersatzanspruch beinhalte auch eine Abfindung analog §§ 9, 10 KSchG, da der Beklagte die vorzeitige Beendigung zu vertreten habe.

Die Entscheidung:
Die Auszubildende konnte ihre Forderungen vor dem BAG nur teilweise durchsetzen.

Die Richter hielten die vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung für unangemessen, da sie die von der IHK empfohlene Ausbildungsvergütung um mehr als 20 Prozent unterschritt. Dies bewirkt, dass der Auszubildenden die von der IHK für das jeweilige Ausbildungsjahr empfohlene Ausbildungsvergütung zusteht. Die Vergütungsvereinbarung der Parteien ist gemäß § 25 BBiG nichtig.

Den Schadensersatzanspruch wollten die Richter der Frau hingegen nicht in voller Höhe zuerkennen. Zwar kann ein Auszubildender wegen der vorzeitigen Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses Schadensersatzanspruch geltend machen, soweit der Ausbildungsbetrieb den Grund für die Auflösung zu vertreten hat (§ 23 Abs. 1 BBiG). Dieser umfasst aber nur die entgangene Ausbildungsvergütung für die Zeit bis zur regulären Beendigung des Ausbildungsverhältnisses.

Ein Abfindungsanspruch entsprechend den §§ 9, 10 KSchG gewährt § 23 Abs. 1 BBiG entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin aber nicht.

Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des BAG ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB auch eine den Verlust des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses ausgleichende angemessene Entschädigung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG umfassen.
Denn den Arbeitnehmer trifft neben der für die Dauer der Kündigungsfrist entfallenen Vergütung ein weiterer wirtschaftlicher Verlust, für den er einen angemessenen Ausgleich verlangen kann.

Diese Erwägungen greifen aber beim Ersatz des Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG nicht ein, da  Berufsausbildungsverhältnisse Arbeitsverhältnisse nicht generell gleichzusetzen sind. So kommt etwa dem Bestandsschutz im Ausbildungsverhältnis kein dem Bestandsschutz im Arbeitsverhältnis entsprechender wirtschaftlicher Wert zu.

Wesentlicher wirtschaftlicher Wert des Ausbildungsverhältnisses ist das Erreichen des Ausbildungsziels Der Auszubildende erhält bereits durch den Ersatz des materiellen Schadens nach § 23 Abs. 1 BBiG die Möglichkeit, dieses Ausbildungsziel trotz des vertragswidrigen Verhaltens des Ausbildenden zu erreichen.

Quelle:
BAG, Urteil vom 16.07.2013,
Aktenzeichen: 9 AZR 784/11

Lesetipp der Online-Redaktion:
» Ausbildungsqualität verbessern « von Marcus Schwarzbach in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2013, S. 345-348.

© bund-verlag.de (ts)

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